Streit um Wahlplakate

Ein Ratsbeschluss von 2010 und ein Schreiben der CDU lösen heftige Debatten aus


  • Finnentrop, 26.08.2015
  • Von Sven Prillwitz
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Die Plakatwand in Heggen. von Barbara Sander-Graetz
Die Plakatwand in Heggen. © Barbara Sander-Graetz

In Finnentrop gibt es Streit. Generell geht es um Wahlplakate für die Bürgermeisterwahl am 13. September. Vor diesem Hintergrund geht es aber auch um Chancengleichheit, um den Kampf gegen Politikverdrossenheit, um Kosten und um das Straßenbild. LokalPlus hat den Streit, in den die drei Kandidaten für die Bürgermeisterwahl, die CDU Finnentrop und die Verwaltung verwickelt sind, aufbereitet.


Die Ausgangslage
Der Rat der Gemeinde Finnentrop beschloss im Jahre 2010, „Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen, Volksbegehren und Volksentscheiden nur noch an den (…) genannten Bereichen auf Plakatwänden“ zuzulassen (Zitat aus der entsprechenden Sitzungsvorlage). Die Wände befinden sich in Heggen, Finnentrop, Bamenohl, Lenhausen und Fretter. Das Aufstellen und die Plakatierung übernimmt der Bauhof der Gemeinde Finnentrop, die Kosten trägt die Kommune. „Das Ortsbild in den Dörfern soll auch temporär nicht durch übermäßige Plakatierung beeinträchtigt werden. Die Wahltafeln selbst werden unmittelbar nach den Wahlterminen entfernt und gesäubert, sodass den Plakatierenden sogar die Mühe erspart wird, die eigenen Plakate zu entfernen“, erklärt Bürgermeister Dietmar Heß (CDU). Ein interfraktioneller Arbeitskreis habe diese Regelung vorgeschlagen, nachdem Wahlplakate nach den Kommunalwahlen 2009 bis in den Winter hinein nicht entfernt worden waren. Auch der Raum für gewerbliche Plakatierung sei mit dem Ratsbeschluss reduziert worden, so Heß.
Stefan Volperts Kontakt mit der Verwaltung
Stefan Volpert kandidiert als unabhängiger Bewerber für das Amt des Bürgermeisters. Wie aus auf seiner Homepage veröffentlichten Dokumenten hervorgeht, erkundigt er sich bei der Verwaltung am 13. Juli telefonisch nach Standorten, an denen er seine Wahlplakate anbringen darf. Die Kosten für die Plakatierung wolle er selbst tragen. Per E-Mail weist ihn Fachbereichsleiter Ludwig Rasche auf den Ratsbeschluss von 2010 hin.
Der Vorschlag der CDU Finnentrop
Am 30. Juli schickten die Christdemokraten ein Schreiben an Volpert und Christian Vollmert, der für die Freien Wähler bei der Bürgermeisterwahl antritt. Inhalt des Schreibens: der Vorschlag, verbindlich auf „jede gemeindebezogene Plakatierung“ zu verzichten. Der Vorschlag werde in Absprache mit dem Bürgermeister gemacht.
Die Reaktionen der Herausforderer
Auf ihrer Homepage schreibt die CDU, dass „der Kandidat der FÜR-Fraktion (Christian Vollmert, Anm. d. Red.) es noch nicht einmal für erforderlich sah, darauf zu antworten“. Stefan Volpert hingegen habe eine E-Mail an den CDU-Vorsitzenden Achim Henkel geschickt. Darin spricht der unabhängige Kandidat von einem „hochinteressanten und innovativen Gedankengang“, der er mit seiner Werbeagentur „andiskutieren“ wolle.
Stefan Volperts neuerlicher Kontakt mit der Verwaltung
Volpert schickt am 3. August einen Brief an Wahlleiter Aloys Weber. Darin erklärt Volpert, keine Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen weiterer Plakate zu benötigen. Er verspricht, die Werbung „bis spätestens eine Woche nach der Wahl“ wieder zu entfernen.
Tags darauf untersagt ihm Fachbereichsleiter Ludwig Rasche per Antwortschreiben, auf eigene Faust in der Gemeinde zu plakatieren. Rasche verweist auf den Ratsbeschluss, mit dem geltendes Recht geschaffen und an den fünf Standorten „für wirksame Wahlwerbung“ für alle Kandidaten gesorgt worden sei. Mit dem Satz „Alle möglicherweise an unerlaubten Stellen angebrachten Plakate wird der Bauhof der Gemeinde Finnentrop kostenpflichtig entfernen“, endet Rasches Schreiben.
Die Plakatierung
Am 5. August stellen Mitarbeiter des Bauhofs die Plakatwände an den fünf dafür vorgesehenen Standorten auf und bringen die Wahlwerbung an.
Der Beginn des Streits
Auf seiner Homepage spricht Volpert von einer Nötigung der Herausforderer durch die „CDU in Verbindung mit der Kommune“. Online veröffentlicht er Teile des oben wiedergegebenen Schriftverkehrs. Und kritisiert, dass die Gemeinde lieber auf „auf Kosten der Bevölkerung aufwändige Wahlplakattafeln“ aufstelle. Die Christdemokraten verteidigen in Person des Vorsitzenden Achim Henkel ihren Vorschlag des Plakatierungsverzichts damit, der Gemeinde eine womöglich „unnötige Materialschlacht“ und die Kosten dafür ersparen zu wollen. Henkel verweist zudem auf das Jahr 2004, als das eigentlich für den Wahlkampf vorgesehene Geld zugunsten krebskranker Kinder gespendet wurde. Der Vorschlag von Dietmar Heß sei von seinen Herausforderern damals einvernehmlich angenommen worden.
Mit deutlichen Worten verteidigt auch Bürgermeister Dietmar Heß die Idee des Verzichts. „Der Vorwurf gegenüber der Verwaltung, hier solle eine politische Debatte abgewürgt werden, ist völlig unsachlich. Die Verwaltung wendet geltendes Recht an und das bereits gleichmäßig bei den Wahlen in 2012 (Landtagswahlen), 2013 (Bundestagswahlen), 2014 (Europawahlen) und 2014 (Kommunalwahlen). Die Kritik an der Verwaltung ist also komplett unzutreffend.“ Außerdem, gibt Fachbereichsleiter Ludwig Rasche zu bedenken, hätte jeder Kandidat die Möglichkeit, auf kommerziellen Werbeflächen für seine Person und Standpunkte zu werben – was Volperts Vorhaben gewissermaßen entsprechen würde.
Zu teuer, hält Christian Vollmert auf Nachfrage von LokalPlus dagegen. „Wir haben Angebote reingeholt, aber entlang der B236 Werbeflächen zu mieten, ist einfach zu teuer“, sagt der Kandidat der Freien Wähler. Vollmert betont, 2010 gegen den Ratsbeschluss gestimmt zu haben, der Wahlwerbung an lediglich fünf Standorten erlaubt. „Der Demokratie ist das meiner Meinung nach nicht dienlich. Gerade mit Blick auf die sinkende Wahlbeteiligung sollte man im öffentlichen Raum für die Stimmabgabe werben“, sagt der Fraktionschef der Freien Wähler. Zumal in den meisten Ortsteilen eben keine Plakate auf die Wahl und die Kandidaten hinweisen. Was Dietmar Heß als Amtsinhaber und dem somit bekanntestem Kandidaten am ehesten in die Karten spiele.
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