Deutlich mehr Lehrverträge als erwartet

IHK-Präsident hoch erfreut: "Wir hatten mit einem Rückgang gerechnet"


  • Kreis Olpe, 03.08.2015
  • Von Volker Lübke
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    Volker Lübke

    Redaktion

v.l.: IHK-Geschäftsführer Klaus Fenster, IHK-Präsident Felix G. Hensel, IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener, Rupprecht Kemper (Geschäftsführer Kemper GmbH u. Co. KG, Olpe) von Volker Lübke
v.l.: IHK-Geschäftsführer Klaus Fenster, IHK-Präsident Felix G. Hensel, IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener, Rupprecht Kemper (Geschäftsführer Kemper GmbH u. Co. KG, Olpe) © Volker Lübke

„Wo das verarbeitende Gewerbe brummt, haben es junge Menschen verhältnismäßig leicht, über eine Lehrstelle den Einstieg in die Arbeitswelt zu finden.“ Hoch erfreut berichtete IHK-Präsident Felix G. Hensel über die Lage am regionalen Ausbildungsmarkt. 1972 Lehrverträge schlossen die Unternehmen in Siegen-Wittgenstein und dem Kreis Olpe in den ersten sieben Monaten des Jahres ab; vier Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.


Mit diesem Ergebnis ist die Geschäftsführung der IHK nicht nur sehr zufrieden – „wir hatten eigentlich Rückgänge erwartet“, so Hensel: „Die Unternehmen dokumentieren, dass sie ohne Wenn und Aber hinter der betrieblichen Erstausbildung stehen.“ Der zunehmende Hang zum Studieren und der demografische Wandel schlügen zwar in diesem Jahr noch nicht so stark zu Buche, unbegründet sei die Sorge aber keineswegs, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. Die IHK rechnet in den kommenden 10 bis 20 Jahren mit einem drastischen Facharbeitermangel sowohl in der Industrie als auch bei den Pflegeberufen. Gräbener: „Wenn demnächst 92 Prozent der Fachkräfte, die in der Metall- und Elektroindustrie sowie in der Pflege gebraucht werden, fehlen, kann die Marschrichtung doch nicht lauten ‚50 Prozent der Jugendlichen machen Abitur und davon gehen 95 Prozent ins Studium‘. Das passt einfach nicht.“
Sorge um Fachkräftemangel bleibt
Rupprecht Kemper, Geschäftsführer der Gebr. Kemper GmbH u. Co. KG und Gastgeber des IHK-Pressegesprächs am 3. August, teilt die Sorge um den Fachkräftemangel: „Ohne vorausschauende Personalentwicklung wird es für die Betriebe irgendwann eng. Bei uns kommen auch schon mal Mitarbeiter ‚auf Vorrat‘ ins Haus.“ Die Zuwächse bei den Ausbildungsverträgen verliefen in diesem Jahr in beiden Teilen des IHK-Bezirks „im Gleichschritt“, stellte der für Fragen der beruflichen Bildung verantwortliche Geschäftsführer Klaus Fenster. In den Vorjahren hatte der Kreis Olpe regelmäßig ein stärkeres Wachstum verzeichnet. Diesmal wurden in Siegen-Wittgenstein bis Ende Juli 1299 Lehrverträge abgeschlossen ( 3,8%), im Kreis Olpe 673 ( 4,3%). Insgesamt rechnet IHK-Hauptgeschäftsführer Gräbener für das laufende Jahr mit rund 750 Ausbildungsverträgen. Vor allem das Gastgewerbe schließe traditionell später ab. Allein in der Metall- und Elektroindustrie stieg die Zahl der Lehrverträge im Kreis Olpe um 8,9 Prozent auf 294. „Hier spielt die Musik“, kommentierte Gräbener. Auch der Handel legte mit einem Zuwachs von 15,1 Prozent deutlich zu; bei Banken und Sparkassen stieg die Zahl der Ausbildungsverträge nur leicht (im Kreis SI ist diese Zahl gesunken). Vor 20 Jahren bewegte sich im Kreis Olpe die Zahl der Lehrverträge zwischen 450 und 500. Die anvisierte Zahl von 750 verdeutliche auch, wie stark die heimische Wirtschaft auf die betriebliche Lehre setze, sind sich die IHK-Vertreter und Rupprecht Kemper einig. Die seit Jahren unternommenen Versuche, jungen Frauen gewerblich-technische Berufe näherzubringen, sind nach wir vor wenig erfolgreich, wie die aktuellen Zahlen belegen: Junge Frauen wählten auch in diesem Jahr am liebsten Einzelhandelsberufe (170) sowie Industriekauffrau bzw. Kauffrau für Büromanagement (120 bzw. 62). Die Hitliste der männlichen Azubis führen die Berufe Industriemechaniker (124), Industriekaufmann (107) und Zerspanungsmechaniker (104) an. IHK-Geschäftsführer Klaus Fenster findet das bedauerlich: „Junge Frauen sollten die Chancen in den Metall- und Elektroberufen stärker in Anspruch nehmen.“ Industrie- und Zerspanungsmechaniker üben im Wesentlichen technik- und IT-orientierte Tätigkeiten aus. Fenster: „Das ist längst nicht mehr die körperlich harte Arbeit wie früher.“
Land fördert IHK-Projekt "Junge Flüchtlinge qualifizieren"
1972 junge Menschen hätten mit der Entscheidung für eine betriebliche Ausbildung die richtige Wahl getroffen, gratuliert IHK-Präsident Felix G. Hensel. Dennoch seien weitere Anstrengungen erforderlich, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Solange nicht mehr Kinder geboren werden, der demografische Wandel also voranschreite, seien mehrere Maßnahmen parallel notwendig, erklärte Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. Neben der Werbung für gewerblich-technische Berufe bei Mädchen und eine Ausbildung im Bereich Pflege und Erziehung bei jungen Männern nimmt die IHK inzwischen auch neue Bevölkerungsgruppen in den Blick. Mit dem Projekt „junge Flüchtlinge metalltechnisch qualifizieren“, beschreitet die IHK Siegen einen ganz neuen Weg. Das Vorhaben wird vom Land mit 150.000 Euro gefördert; die IHK trägt die übrigen 50.000 €. „Wir haben soeben die Förderzusage der Bezirksregierung erhalten“, berichtete Klaus Fenster. Gastgeber Rupprecht Kemper nannte dies „ein sehr wichtiges Signal“. Von der Maßnahme für zunächst 36 junge Menschen könnten alle Beteiligten profitieren.
Zahlen
Bei der IHK eingetragene Ausbildungsverhältnisse bis 31.Juli 2015: alle Branchen: IHK-Bezirk gesamt 1972 (plus 4%) Kreis Olpe (673 (plus 4,3%) Siegen-Wittgenstein (plus 3,8%) kaufmännische Berufe: IHK 1027 (4,8%) OE 339 (4%) SI 688 (5,2%) gewerblich-technische Berufe: IHK 945 (3,1%) OE 334 (4,7%) SI 611 (2,2%) Metall/Elektro: IHK 792 (3,7%) OE 294 (8,9%) SI 498 (0,8%)
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