Multitalent mit Lästermaul

Jörg Knör glänzt mit gnadenlosen Parodien


  • Attendorn, 09.05.2015
  • Von Sven Prillwitz
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    Sven Prillwitz

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Der Name seines Programms – „VIP VIP Hurra“ – ist purer Zynismus: Mit bitterbösen Parodien und frecher Zunge hat Jörg Knör am Donnerstag in der Stadthalle Attendorn gegen Politiker und Prominente geschossen. Auch vor der Hansestadt und Bürgermeister Pospischil machte der Komiker dabei keinen Halt.


Zwischendurch verschwindet der 55-Jährige förmlich. Sobald er mit einer seiner Parodien loslegt, scheinen Dieter Bohlen, Gerhard Schröder, Heinz Erhardt und weitere VIPs (englisch für besonders wichtige Personen) selbst auf der Bühne zu stehen. Knör imitiert nicht nur Stimme und Sprechweise verblüffend authentisch, sondern ahmt auch Mimik und Gestik sowie Körperhaltung der Originale nach. Es ergibt sich die gewollt widersprüchliche Wirkung, denn bei aller Ähnlichkeit karikiert er Promis und Politiker gleichzeitig und gibt sie gnadenlos der Lächerlichkeit preis.
Von Heino bis Helmut Schmidt
Als singender Heino erklärt er dem Publikum den Imagewechsel vom Volksmusiker zum Rockopa: „Sing einfach statt vom Wandern/ mal etwas von den andern./ Mit Totenkopf und Lederkluft / raus aus der engen Gruft.“ Als Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt sinniert Knör – natürlich mit der obligatorischen Zigarette – in rauchgeschwängerter Selbstvergessenheit und bei feucht-rasselnden Hustenanfällen über Affären. Als dauergrinsender Gerhard Schröder gibt der Parodist vermeintlich intime Details der Männerfreundschaft zwischen dem Ex-Bundeskanzler und Russlands Präsident Wladimir Putin preis; etwa die Wodka-Diät der beiden in der „Pussy-Riot-Bar“: „Da verlierst du in einer Woche drei Tage.“ In rasender Folge springt Knör zwischen seinen Parodien hin und her. Vor allem in den Rollen von TV-Nervensäge Désirée Nick, Comedy-Hektiker Mario Barth, Nuschelrocker Udo Jürgens und Beißzange Inge Meysel löst er Begeisterungsstürme im Publikum aus. Und der Entertainer erweist sich gleichzeitig als Multitalent: Er parodiert nicht nur, sondern singt und tanzt zu umgedichteten Liedern über die Bühne und malt zwischendurch Karikaturen.
Vergleiche zwischen von der Leyen und Hefner
Bis auf wenige dezente Verkleidungen kommt Knör ohne Requisiten aus. Wichtigstes Element auf der Bühne ist der große Flachbildfernseher, über den die VIPs flimmern, ehe und während Knör sie vorführt. Das macht er übrigens nicht nur als Parodist, sondern auch als Kommentator. So bezeichnet er die Bundeswehr in Anlehnung an die ehemalige Familien- und jetzige Verteidigungsministerin als „die von-der-Leyen-Spielgruppe“. Die Politikerin müsse sich zwischen den ganzen jungen, „voll im Saft stehenden Soldaten“ fühlen wie Playboy-Chefredakteur Hugh Hefner zwischen seinen Bunnys, legt Knör nach. Und dass Ex-Bundespräsident Christian Wulff kurz vor der Scheidung wieder bei seiner Bettina eingezogen ist, sei alles andere als verwunderlich, habe sich Wulff doch als „Experte in Sachen freie Kost und Logis“ erwiesen. Zwischendurch knöpft er sich dann auch die Hansestadt vor. Nicht nur die Ortsnamen („Röllecken“ etwa könne auch verniedlichend für Hüftgold stehen), sondern auch das Stadtwappen. „Das oben links ist der Mond, durch ein Fenster betrachtet. Das sieht so komisch aus, weil ein Blödmann das falschherum eingebaut und der Bürgermeister dann gesagt hat: Das nehmen wir so.“ Apropos Bürgermeister: Wegen seines Namens müsse sich Christian Pospischil doch permanent angesprochen fühlen, sobald jemand niest, sagt Knör. Fazit: In furiosen, selten langatmigen 150 Minuten macht der Komiker seinen krankheitsbedingten Ausfall – ursprünglich sollte er im März in der Stadthalle spielen – mehr als wett.
 von Prillwitz
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