Grenzerfahrung im Urlaub - Deutmecker Familie erlebt Feuer auf Rhodos
Emotionale Reise
- Finnentrop, 26.07.2023
- Verschiedenes
- Von Claudia Wichtmann
Deutmecke/Kiotari. Diesen Urlaub wird Familie Burmann aus Deutmecke nie mehr vergessen. Gemeinsam mit Freunden reisen Tanja (46) und Stefan (50) Burmann mit Sohn Levin (11) am Sonntag, 16. Juli, nach Kiotari auf die griechische Insel Rhodos. Sechs Tage später erleben sie eine Grenzerfahrung.
Schwere Waldbrände wüten auf der Insel und erreichen in rasanter Geschwindigkeit den Urlaubsort der Familie. „Am Freitagabend haben wir auf dem Balkon gesessen, als auf ein Mal ein Ascheregen kam und es nach Rauch roch“, berichtet Tanja. Bis dahin war jedoch noch keine direkte Gefahr in Sicht.
Als die Familie am nächsten Morgen am Strand liegt, sieht Tanja Burmann plötzlich eine große Rauchwolke am Himmel. „Die war in Nullkommanichts da,“ erzählt sie. Das Feuer breitet sich rasend schnell aus und steht binnen kurzer Zeit direkt hinter dem Hotel der Familie.
Eilig brechen alle Menschen am Strand auf und rennen zur Rezeption. Ein Hotelmitarbeiter fordert sie zur Flucht auf. Das Feuer ist ihnen dicht auf den Fersen, als die Touristen – nur in Strandklamotten gekleidet - aufbrechen. „Go go go!“ schreit der Hotelmitarbeiter. „Go faster!“
In Flip Flops und Badesachen laufen Tanja Burmann, ihr Mann, ihre Freunde und ihre insgesamt drei Kinder in einer riesengroßen Menschenkarawane 15 Kilometer, bei 43 Grad Hitze. „Kinderwagen, Rollstuhlfahrer, alte und junge Leute – es war alles dabei. Die Leute schrien und weinten“, blickt Tanja Burmann zurück. Sohn Levin steht die Angst ins Gesicht geschrieben – wie auch allen anderen Menschen.
Die Flüchtigen sammeln sich am Strand, die Polizei ist dort und verspricht Schiffe, die sie über den Seeweg retten sollen. Doch als die Schiffe ankommen, fahren sie ohne sie wieder los – an einer anderen Stelle müssen sie Menschen retten, die noch größerer Gefahr ausgesetzt sind.
Wieder bricht Panik aus. „Das Feuer kam näher und näher, es regnete ständig Asche“, erinnert sich die Deutmeckerin. Die Löschflugzeuge seien so nah über sie hinweg geflogen, dass sie fast greifbar gewesen seien. “Ich weiß nicht, wie es im Krieg war, aber so stelle ich es mir vor“, so Tanja Burmann.
Mit Bussen und Militärfahrzeugen werden sie schließlich in ein Fünf-Sterne-Hotel gebracht, 1.500 Menschen übernachten überall, wo es ein freies Plätzchen gibt auf dem Boden und versuchen sich von dem Schrecken und den Strapazen der Flucht zu erholen.
Am nächsten Morgen beschweren sich die Hotelgäste über die Flüchtigen, so dass diese mit Bussen in den Norden gebracht und auf Turnhallen und Schulen verteilt werden. Sie fahren durch das Brandgebiet, von der Natur ist nicht mehr viel übrig, auf den Straßen liegen verbrannte Tiere.
In einer Turnhalle angekommen übernachtet Tanja Burmann mit ihrer Familie auf 60 Quadratmetern mit insgesamt 60 Leuten. Immer noch tragen sie ihre Strandklamotten. Und dann erleben sie überwältigende Hilfsbereitschaft von den Einheimischen, die sie mit Essen, Getränken, Ventilatoren und Hygieneartikeln versorgen.
Inzwischen ist es Sonntagabend, als sie das erste Mal etwas vom Reiseveranstalter hören, der einen Rückflug am Montagabend nach Deutschland verspricht und sie in ein Hotel in Rhodos Stadt bringt. Das Hotel ist völlig überfüllt mit Gästen und geflüchteten Menschen. Familie Burmann verbringt die Nacht draußen am Pool.
Stefan Burmann fährt am Montag mit dem Bus und weiteren Männern in das ursprüngliche Hotel, um Papiere und ein paar Klamotten zu holen. „Das war fast unter Lebensgefahr“, berichtet Tanja. Immer noch tobt das Feuer. Und es sei sehr emotional gewesen, sagt sie. Die Hotelmitarbeiter dort hätten geweint und um ihre Existenz gebangt. „Und dann haben sie den Männern noch kleine Geschenke mitgegeben“, sagt Tanja Burmann gerührt.
Statt Montagabend fliegen sie doch erst am Dienstagmorgen nach Hause und sind nun endlich in Sicherheit. Wie geht es der Familie jetzt? „Es geht uns gut“, sagt Tanja Burmann. „Bis auf die Emotionen und den Schlafmangel.“ Drei Nächte habe sie nicht geschlafen.
Tanja Burmann betont noch ein Mal die Hilfsbereitschaft der Griechen. „Das war wirklich überwältigend, was die für uns geleistet haben.“ Und sie würde wieder nach Rhodos reisen. Doch jetzt muss sich die Familie erst Mal von ihrem Urlaub erholen.