Besondere WG sucht Mitbewohner

Ein Mitbewohner fehlt noch


  • Finnentrop, 30.12.2016
  • Von Barbara Sander-Graetz
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Helmut Pott im Kreis der Familie mit Schwester Cäcilia Koch und Schwägerin Sonja Pott (von links). von Barbara Sander-Graetz
Helmut Pott im Kreis der Familie mit Schwester Cäcilia Koch und Schwägerin Sonja Pott (von links). © Barbara Sander-Graetz

Fretter. Gesucht wird: Ein Mitbewohner für eine WG in Fretter. Allerdings nicht für irgendeine WG, sondern für eine Behinderten-WG. Ob Rollstuhlfahrer oder ein „Läufer“, der auch die Treppen in die erste Etage des Hauses schafft, ist egal. Nur Spaß an Fußball wäre klasse, denn Spiele der Nationalelf im Fernsehen schauen, werden hier sicher zukünftig zum „Pflichtprogramm“ gehören. Auch das Alter spielt eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist: Die Chemie muss stimmen.


Der Ursprung für diese Idee kommt eigentlich aus der Not heraus. Der 56-Jährige Helmut Pott kommt aus Fretter und sitzt im Rollstuhl. Bis zum Tod der Mutter kümmerte sich diese um ihren Sohn. Er besucht die Werthmann Werkstätten in Attendorn und nach Feierabend ging es zurück ins Elternhaus. Doch nach dem Tod der Mutter stand Helmut Pott vor einem existenziellen Problem: Wer kümmert sich um ihn, denn allein kann er nicht leben. Er ist auf Hilfe angewiesen.

Zunächst haben die fünf Geschwister versucht, einen Platz für ihn in einem der Wohnhäuser im Kreis Olpe zu bekommen. „Doch die Wartelisten sind lang“, weiß Schwägerin Sonja Pott. „Kurzfristig war nichts zu bekommen.“ Für Helmut Pott begann eine Odyssee. Über Kurzzeitpflegeplätze kam er nach Elspe und Olpe. Zurzeit ist er im Franzikanerhof in Attendorn. „Doch das ist ein Altenheim“, bringt es Helmut Pott auf den Punkt. Für den 56-Jährigen nicht unbedingt das richtige Zuhause. Außerdem hängt Helmut Pott an seinem Heimatort und Fretter hängt an Helmut Pott. Ob bei der Feuerwehr, wo er Ehrenfeuerwehrmann ist, im Karneval oder beim Schützenfest, er ist ein gern gesehener Gast und darf nicht fehlen.
Haus behindertengerecht einrichten
Und so entstand schließlich die Idee, im Elternhaus eine eigene Behinderten-WG einzurichten. „In diesem Haus ist vieles schon behindertengerecht“, erklärt seine Schwester Cäcilia Koch. Das beginnt am Eingang. Der ist barrierefrei und überdacht. Die Stufen zur ersten Etage werden mit einem Treppenlift locker geschafft. Hier sind neben einer großzügigen Küche, einem Esszimmer und einem Wohnzimmer zwei Zimmer für Rollstuhlfahrer vorhanden. Eines davon gehört Helmut Pott. Ein neues barrierefreies Badezimmer komplettiert das Untergeschoss. Im Obergeschoss gibt es drei große weitere WG-Zimmer, ein Zimmer für das Pflegepersonal und ebenfalls ein frisch renoviertes Badezimmer. Zwei Räume haben einen Panoramablick auf Fretter.

Die Lebenshilfe Olpe stellt das Pflegepersonal und wird die Bewohner in allen Lebensbereich unterstützen, auch nachts wird durchgehend ein Betreuer im Haus sein. Sie sorgen für den hauswirtschaftlichen und pflegerischen Part in der WG.Der Alltag der Bewohner wird sich  nicht so sehr von dem in einer ganz normalen Familie unterscheiden. Morgens wird gemeinsam gefrühstückt, dann gehen die Bewohner zur Arbeit in Behinderteneinrichtungen oder zur Tagesbetreuung. Der Nachmittag ist geprägt durch Alltagsdinge wie Einkaufen, Arztbesuche oder Arbeiten im Haushalt - die Betreuer sind immer unterstützend mit dabei.
„Wir haben drei Zusagen“
„Wir hatten uns das ganze einfacher vorgestellt“, fasst Sonja Pott den derzeitigen Stand der Dinge zusammen. „Wir haben drei Zusagen. Wir benötigen aber mindesten noch eine, besser wären noch zwei, damit sich das Projekt trägt.“ Bei den Wartelisten für einen Platz in den Wohnhäusern hatte Familie Pott mit vielen Anfragen gerechnet. Doch Fehlanzeige.
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„In vielen Familien betreuen immer noch die Eltern ihre behinderten Kinder, so wie das auch viele Jahre hier bei uns war“, weiß jetzt auch Cäcilia Koch, „Oft wird es verdrängt, was aus den Kindern wird, wenn die Eltern alt werden, die Pflege nicht mehr stemmen können oder versterben. Dabei ist es so wichtig, ein zuhause für später zu finden.“
Selbstbestimmtes Leben
Die WG in Fretter ist dabei eine ideale Möglichkeit. Die Bewohner können hier selbst bestimmen, wie ihr Leben aussehen soll und am sozialen Leben teilnehmen. „Fretter hat nicht nur die vielen Vereine, sondern auch eine gute Infrastruktur“, weiß Helmut Pott die Vorteile in Fretter zu schätzen. Ob Lebensmittelgeschäft, Bäckerei, Getränkeladen, Haushaltswarengeschäft, Lottoannahme, Schreibwarengeschäft, ärztliche Betreuung, Bank, Friseur, Biergarten, Hotel mit Restaurant oder der Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr „von unserem Haus ist alle fußläufig oder per Rollstuhl zu erreichen.“

Und noch eine Sorge kann Sonja Pott allen Eltern nehmen: „Finanziell hat der Einzug in diese Behinderten WG für die Eltern keine Nachteile. Sie müssen die Miete nicht zahlen. Die Kosten übernehmen der Landschaftsverband Westfalen Lippe sowie die Pflege- und Krankenkasse.“ Die Behinderten WG ist eine ideale Lösung, zusammen zu wohnen, aber individuell zu leben.  
Kontakt
Weitere Informationen erteilt Sonja Pott, Tel.:  01 52 / 33 86 92 42.
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