Ausbildung, Teamgedanke und Nervenkitzel: Der LSC Attendorn-Finnentrop stellt sich vor

Segelfliegen – Ein ganz besonderes Hobby


Blick auf den Start- und Landeplatz des LSC Attendorn-Finnentrop. von s: Nils Dinkel
Blick auf den Start- und Landeplatz des LSC Attendorn-Finnentrop. © s: Nils Dinkel

Heggen. Bereits seit mehr als 100 Jahren herrscht Flugbetrieb im Kreis Olpe. Seit den 1930er Jahren mischt dabei auch der Luftsportclub LSC Attendorn-Finnentrop mit, der allerdings erst seit 1951 so heißt. Noch bis Ende Oktober starten die Segelflieger vom Flugplatz in Heggen aus in die Luft, danach ruht der Flugbetrieb – Winterpause. LokalPlus stellt den LSC vor, der aktuell etwa 140 Mitglieder verzeichnet, darunter rund 50 Aktive und 20 Jungmitglieder.


Was das Segelfliegen so besonders macht? Neben dem Teamgedanken zum einen der Ausblick von oben. Zum anderen die Auseinandersetzung mit natürlichen Gegebenheiten wie der Thermik, dem Aufwind, der das Segelflugzeug in der Luft hält.

„Strecken von 300 Kilometern und mehr sind bei guten Bedingungen ohne weiteres möglich. Für manch einen da oben ist es ein Spiel mit den Elementen Wind und Sonne. Das ist nämlich nicht einfach geradeaus. Ein Thermikflug erfordert Kondition und macht zudem Spaß“, erklärt Vereinsmitglied Dirk Springmann.
Adrenalinkick
Und dann sei da noch der Adrenalinkick – sofern gewünscht. „Manöver sind ohne weiteres möglich. Von Parabelflügen, Steilflügen und dann wieder hochziehen: Es gibt Momente der Schwerelosigkeit. Bei steilen Kurvenflügen wird man mit mehrfachen G-Kräften in den Sitz gedrückt.

Wenn das jemanden interessiert, kann er in Richtung Akrobatikflug umschulen. Da lernt man Loopings und weitere Sachen. Basis ist jedoch immer die Segelflugausbildung“, wirbt Pressesprecher Markus Bähr für den Hobbysport.
Kostenlose Ausbildung
Geflogen wird in der Regel an Wochenenden und Feiertagen, wenn es das Wetter zulässt. Die Kernsaison dauert etwa von Ostern bis Oktober. Die Segelflieger werden mit einem Schleppflugzeug nach oben gezogen, da Segelflugzeuge selbst keinen Motor haben. Interessante Aussichten böten sich vor allem beim Durchbrechen der Wolkendecke. Meistens sind die Piloten laut Bähr regional unterwegs. Teilweise seien jedoch auch überregionale Streckenflüge oder Touren mit dem Motorflugzeug im Angebot.
 von Nils Dinkel
© Nils Dinkel
Das Besondere beim LSC: Die Ausbildung neuer Segelflieger ist für Anwärter kostenlos und wird über den monatlichen Beitrag der Mitglieder finanziert. „Das einzige, was die Flugschüler aus eigener Tasche zahlen müssen, sind die Prüfungskosten und die Beiträge für ärztliche Tauglichkeitsbescheinigungen (Medical) sowie eventuelle Unterlagen für die Theorie“, sagt Bähr. Der monatliche Mitgliedsbeitrag sei kaum teurer als eine Tankfüllung fürs Auto.
Zeitaufwändiges Hobby und Teamsport
„Die Theorieprüfung kann jeder schaffen, sie ist jedoch mit der zum Auto-Führerschein nicht zu vergleichen“, sagt Bähr. Segel-, Motorsegel- und Motorflug bietet der Verein samt der dafür benötigten Maschinen an. Im Verein aktive Segelflieger können das Equipment jederzeit kostenlos nutzen, Flüge mit dem Motorsegler sind mit Charterkosten verbunden.

Segelfliegen beim LSC Finnentrop-Attendorn ist ein reiner Hobbysport. Die Fluglehrer arbeiten ehrenamtlich. „Es ist ein sehr zeitaufwändiges Hobby“, sagt Markus Bähr. „Man muss den kompletten Tag einplanen.“ So müssen die Flieger aus dem Hangar geholt, vorbereitet und auch wieder gereinigt und zurückgestellt werden. Auch deswegen sei das Segelfliegen ein absoluter Teamsport. Und: „Wir brauchen einen Piloten, der das Schleppflugzeug fliegt, und mindestens einen, der beim Start den Flügel festhält. Während der Ausbildungszeit wird immer ein Fluglehrer benötigt“, erklärt der Öffentlichkeitsreferent.
„14 ist ein sehr gutes Einstiegsalter“
Der Tower sei zudem ständig für den Funkverkehr, die Flugplatzüberwachung und die Koordination besetzt. „Für die Wartung der Flugzeuge wird außerdem technisches Personal benötigt. Wir haben eine Halle, eine Werkstatt, viele Flugzeuge und somit viel Technik. Dazu gehört etwas handwerkliches Geschick. Der Platz, der Hangar, etc. Das muss alles in Schuss gehalten werden. Mit zehn Leuten könnte man hier keinen Flugplatz erhalten“, sagt Bähr. Der Teamgedanke reicht über den reinen Flugbetrieb hinaus. „Abends wird der Grill angemacht und wir trinken gemeinsam ein Bier. Es ist ein sehr familiäres Klima hier.“ Oftmals seien die Familien am Platz.

Das früheste Einstiegsalter liegt bei 14 Jahren, ist gegebenenfalls aber auch mit 13 möglich. Minderjährige benötigen eine Einverständniserklärung der Eltern. „14 Jahre sind ein sehr gutes Einstiegsalter. Erst dann sind selbstständige Alleinflüge möglich“, sagt Bähr.

Generelle Voraussetzung für Segelflieger sei eine gute Gesundheit, die anhand eines augen- und fliegerärztlichen Attests nachgewiesen werden muss. „Man muss nicht athletisch sein. Die meisten von uns sind keine besonders großen Sportler. Eine wichtige Voraussetzung ist auch eine hohe Motivation. Man muss da richtig Bock drauf haben“, so der Pressereferent.
Hohes technisches Verständnis
„Wir versuchen, es den Einsteigern so leicht wie möglich zu machen und den finanziellen Aufwand gering zu halten. Der Großteil der Kosten wird getragen. Die jungen Leute, die wir hier bislang ausgebildet haben, haben ein hohes Verantwortungsbewusstsein entwickelt“, sagt Bähr. Und ein technisches Verständnis – mitunter sogar ein so gutes, dass sie sich auch für einen technischen Beruf entschieden hätten nach der Ausbildung zum Segelflieger beim LSC.

Der Verein macht bei Veranstaltungen wie Stadtfesten immer wieder mit Info-Ständen auf sich aufmerksam, aber auch auf dem eigenen Flugplatz. Hier werden jährlich das „Boarding for Vattertach“ und das Drachenfest gefeiert. Die Segelflieger möchten sich stärker über soziale Medien präsentieren, unter anderem auch mit einem Image-Film, und gezielt auf Schulen zugehen. Gäste können begleitete Tandem-Segel-, Motorsegel oder Motorflüge absolvieren.
Strenge Regularien im Luftfahrtraum
Die praktische Ausbildung findet üblicherweise an Wochenenden statt. Je nach Einbringung und Talent dauert sie 1,5 bis zwei Jahre. Bähr: „Wir dringen in den Luftraum ein und müssen viele Regeln kennen. Werden diese nicht beachtet, ist das eigene Leben oder gar das anderer in Gefahr. Bei Fehlern kann man sogar strafrechtlich belangt werden. Es gibt im Luftfahrtrecht viele strenge Regularien.“ Wer diese beherrscht, könne die Faszination des Segelfliegens immer wieder genießen – solange die Saison läuft.
Mehr zur Ausbildung:
Die Ausbildung ist in die Teile A, B und C gegliedert. In Teil A lernen die Schüler Fluggrundlagen und werden stets von einem Fluglehrer begleitet. Etwas sportlicher und selbstständiger bei schwierigeren Bedingungen geht es in Teil B zu, wo die Teilnehmer ihre ersten Alleinflüge absolvieren. Die ersten Überlandflüge und „herunter vom Verkehrsübungsplatz“ geht es im abschließenden Teil C. Es gibt insgesamt sieben Theoriefächer sowie ein Funksprechzeugnis.
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