Vortrag über Landschaften von Prof. Halbfas

Heimatverein Drolshagen lud ein


 von Symbol privat
© Symbol privat

Drolshagen. „Man sieht nur, was man weiß“. Dieser Leitsatz durchzog den Vortrag zum Thema „Landschaft“ von Prof. Dr. Hubertus Halbfas am Mittwoch, 21. November, im Heimathaus Drolshagen. Der Heimatverein für das Drolshagener Land hatte im Rahmen seines Winterprogramms dazu eingeladen. Er würde eine kulturhistorische Darstellung vornehmen, so der Referent, und damit nur einen der vielen Aspekte des Begriffes "Landschaft" umreißen.


Erstmals wird "Landschaft"als territorialer Begriff im 900 Jahrhundert gebräuchlich und sich im 12 Jahrhundert zu einem Terminus mit politisch-rechtlicher Bedeutung, wie sich dies bis heute in dem Wort "Landschaftsverband" widerspiegelt, wie Prof. Halbfas aufklärte.

In der europäischen Literatur wird die ästethische Qualität von Landschaft erstmals in dem Brief des Dichters Petrarca aus dem Jahre 1336 thematisiert. Petrarca war auf den MontVentoux gestiegen und nahm von dort die unter ihm liegende Landschaft wirklich wahr. Diese Erfahrung werde als ein kulturhistorisches Schlüsselerlebnis an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit gewertet, das ästhetische und kontemplative Aspekte zusammenbringe, so Halbfas.
Wahrnehmung und Innenschau
Ausgehend von einer Zeichnung, die Petrarca anfertigte und bei der er eine nicht vorhandene Kirche auf den Gipfel einzeichnete, ging der Referent auf die Bedeutung von Bergen in einem mythischen Denken nach. Prof. Halbfas verwies auch auf die bis in die Neuzeit hineinreichende Spannung zwischen Wahrnehmung einer Landschaft und der Innenschau.

Als einer der ersten, die Landschaft auch als solche ästhetische genießen wollten, gilt im 15. Jahrhundert Enea Silvio Piccolomini. Als er schon Pius II. war,ließ er sich durch die Landschaften tragen, um diese zu genießen.
Landschaftsdarstellungen
Eine Verbindung zwischen dem Aufkommen des Begriffes „Landschaft“ als ästhetische Kategorie und der Sprache zeigte ein Verweis von Dürer, der einen holländischen Kollegen als „einen guten Landschaftsmaler“ bezeichnete. Waren es anfangs nur Kulissen von erfundenen Landschaften und Landschaftssegmenten bei den religiösen Bildern, die den Goldgrund ablösten, so wurden zunehmend häufiger auch fotogetreue Darstellungen verwendet.

Als Beispiel wurde das Bild von Konrad Witz "Der Fischzug am See Genesareth" von 1444 angeführt, das bis heute erkennbar den Genfer See abbildet. Nachdem bis ins 18 Jahrhundert auch topografisch genaue Darstellungen der Landschaft gefragt waren, entwickelte sich in der Romantik u.a. bei C.D. Friedrich eine Verbindung von seelischem Innenleben und dessen Repräsentation in Landschaftsdarstellungen, wie der Referent darstellte.
Landschaft in der Literatur
Es war ein langer Seelenweg, so der Referent, bis der Mensch Zugang zur Landschaft fand. Er wies dies an den Beispielen von Goethes"Erlkönig", Fontanes "Wanderung durch die Mark Brandenburg", Droste-Holshoffs "Knabe im Moor" und Claudius' "Der Mond ist aufgegangen" auf. Die Landschaft werde hier zum Bild der Seele, Unbewusstes in Landschaftsbilder übersetzt.

Einen völlig neuen Umgang mit Landschaft in der Literatur stellte Hubertus Halbfas mit zwei neuzeitlichen Werken schweizerischer Schriftsteller vor. In seinem Roman "Spätholz" beschreibt Walther Kauer die verheerenden Veränderungen in einem Tal im Tessin durch die Macht des Geldes von zugezogenen Villenbesitzern. Auch Gertrud Leutenegger beschreibt den Ausverkauf der eigenen Landschaft und ihre ökonomisch bedingte Zerstörung.
"Man sieht nur, was man versteht"
Nach diesem kulturhistorischen Durchgang fragte der Referent: „Was würden Menschen, die nach hundert Jahren wieder nach Drolshagen kämen - wie zum Beispiel Heinrich Bone, der vor 125 Jahren starb und einprägsam die Landschaft um Drolshagen herum beschrieben hatte - zu unserer heutigen Landschaft sagen?“. Sie würden sicherlich vieles nicht verstehen, denn, so Hubertus Halbfas: "Man sieht nur, was man weiß".

Nicht zuletzt ergab die anschließende Diskussion auch, dass wir nicht in romantisierenden Rückblicken vergangene Verhältnisse idealisieren sollten. Drastische Beispiele machten deutlich, dass vergangene Zeiten nicht unbedingt lebenswerter waren als die Gegenwart. Erleichterungen im Leben gehen auch einher mit Nutzen und Benutzen von Landschaft.

„Es ist uns“, so betonte zum Schluss der Vorsitzende des Heimatvereins Dr. Stephan Schlösser, „und erst recht einem Heimatverein aufgegeben, eine lebenswerte und schöne Welt zu entwickeln“. Der Beifall zu den Ausführungen des Referenten und die Positionierung des Heimatvereins konnte man als Auffordrung verstehen. Der Heimatverein wird auch im Verlauf seines Winterprogramms diese Themen wieder aufgreifen.
Artikel teilen: