Von wegen Horrorheim: Drolshagenerin schreibt Buch über Wohngruppen
Steffy Hilbig mit ehrlichen Zeilen gegen Vorurteile
- Drolshagen, 27.03.2024
- Verschiedenes
- Von Lorena Klein
Drolshagen. Kaum zu bändigende, schwer erziehbare Kinder, ohne Familie, ohne Halt – das sind doch diejenigen, die in Kinderheimen wohnen. Oder? Vorurteile wie diese gehören für Stephanie Hilbig aus Drolshagen zum Berufsalltag. Sie arbeitet seit fast 13 Jahren in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Und liebt es zu schreiben. Ihr erstes eigenes Buch widmet die 34-Jährige daher dem Leben und Arbeiten in Wohngruppen – die ganz anders sind, als die meisten erwarten.
Ansprechpartnerin, Spielkameradin, Trösterin, Planerin, Vertrauensperson. All das und noch viel mehr ist Steffy Hilbig für „ihre“ Kinder und Jugendlichen. Sie ist Sozialarbeiterin und stellvertretende Leitung einer Wohngruppe des Josefshauses. Vor ihrem Studium der Sozialen Arbeit hat sie eine Kinderpflegeausbildung und eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht. Auch Eddy, Steffys treuer Gefährte auf vier Pfoten, ist bei der Arbeit mit von der Partie.
Das, was Steffy tagtäglich erlebt, ist weit entfernt von den typischen Horrorgeschichten über sogenannte Kinderheime. Doch die seien noch immer das Bild, das viele Menschen von stationärer Kinder- und Jugendhilfe – so lautet die richtige Bezeichnung – haben und weitergeben, weiß die 34-Jährige.
In der Schule, durch neugierige Nachfragen und durch den immer gleichen Stempel, bekommen die jungen Menschen das zu spüren. „Ich habe wenigstens Eltern, die mich lieben“, nennt die Sozialarbeiterin einen Satz. „Das bringen unsere Kinder dann mit nach Hause.“ Ein weiteres Päckchen in einer ohnehin nicht leichten Situation.
„Pass bloß auf, sonst kommst du ins Heim!“ sei ebenfalls eine bekannte Drohung, die diese Vorurteile schüre. Eine Warnung vor einer Einrichtung, die die meisten noch nie von innen gesehen haben – und die Steffy als Titel für ihr erstes eigenes Buches wählte.
Den Anstoß dafür gab ihr der Storyteller-Award der Buchhandlung Thalia. Für Steffy, die schon immer leidenschaftlich gerne geschrieben hat, geht damit nicht nur ein Traum in Erfüllung. Sie möchte auch endlich mit Vorurteilen aufräumen, etwas bewirken. So, dass es alle verstehen.
Deshalb greift sie, Kapitel für Kapitel, genau das auf, was Kindern und Jugendlichen in Wohngruppen, deren Familien sowie den Mitarbeitern so häufig an den Kopf geworfen wird. Nimmt fiesen Behauptungen ihren Schrecken und erzählt davon, wie es wirklich ist, in einer Wohngruppe zu leben und zu arbeiten. Und erklärt, dass es viele Gründe gibt, wieso Familien diese Hilfe in Anspruch nehmen.
„Natürlich gibt es auch die Fälle von Missbrauch, Misshandlung und Verwahrlosung. Das möchte ich nicht kleinreden und das wäre dem auch nicht gerecht. Doch die Fälle sind eben nicht die Regel“, betont Steffy. Viele Erfolgsgeschichten habe sie erlebt. Ein Schlüssel sei eine gute Zusammenarbeit mit den Familien. Und das Gefühl, dass sich die Kinder und Jugendlichen in ihrer Wohngruppe ganz zuhause fühlen dürfen.
76 Seiten, 16 Kapitel. Das Buch lässt sich in einem Rutsch lesen – und dann hinterlässt es etwas. Es ist kein wissenschaftliches Werk, kein epischer Roman. Sondern einfach ehrlich, menschlich. Und damit trifft die Autorin mitten ins Herz. Das zeigt auch das viele positive Feedback, das Steffy zutiefst beeindruckt.
In der Buchhandlung im Drolshagener Heimathaus hält sie am Freitag, 12. April, um 19.30 Uhr (Eintritt: 19 Uhr) Uhr ihre erste Lesung. Fest steht schon jetzt: Mit ihrem Anliegen bewegt die junge Sozialarbeiterin und Autorin Menschen. Die für sie wichtigste Zielgruppe bleiben ihre Schützlinge: „All den Kindern und Jugendlichen, die ich bisher begleitet habe, möchte ich mitgeben, dass sie stolz darauf sein können, was sie erreicht haben.“
Mehr zum Buch:
„Pass bloß auf, sonst kommst du ins Heim!“ ist bei Thalia sowie allen weiteren Buchhandlungen erhältlich bzw. bestellbar.
ISBN: 978-3-7115-0805-8
Mit ihrem Buch nimmt Stephanie Hilbig am Storyteller-Award von Thalia teil. Momentan sichtet die Jury alle eingereichten Geschichten. Wie es für Steffy weitergeht, erfährt sie voraussichtlich im April.