Schaulaufen der Oldtimer

Erster Trecker-Treffen in Hützemert


Tom (22 Monate) war einer der jüngsten Besucher und hatte seinen Spaß am Trecker-Lenkrad. von s: Rüdiger Kahlke
Tom (22 Monate) war einer der jüngsten Besucher und hatte seinen Spaß am Trecker-Lenkrad. © s: Rüdiger Kahlke

Zu sehen ist nichts. Dafür knallt wie bei einem Artilleriebeschuss. Ein Gespräch – nicht möglich. Dunkle Rauchwolken über den Büschen und die „Schüsse“ ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Dann biegt ein blauer Lanz Bulldock, Baujahr 1951, um die Ecke. Ein Aufsehen erregender Auftritt beim ersten Treckertreff in Hützemert.


Dazu hatte der Dorfverein für Samstag, 30. Mai, eingeladen. Die Premiere wurde gleich ein Erfolg. Bis zum Mittag standen schon zwei Dutzend alte Schlepper in Reih und Glied. Die Besitzer schauten genau hin, tauschten sich aus. Genau das war die Intention des 2009 gegründeten Dorfvereins. Der Treckertreff gehört zu einer Reihe von Veranstaltungen, mit denen die Hützemerter ihren alten Bahnhof in den Blickpunkt rücken wollen, wie Vorstandsmitglied Andre Grütz erläutert: „Wir wollen die Leute zum Bahnhof locken“. Das alte Gebäude erstrahlt in neuem Glanz, dient als Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft. „Das alte Gebäude und die alten Trecker ergänzen sich gut“, findet Andre Grütz.
Technischer Wandel wird deutlich
Neben den Trecker-Liebhabern, deren Gefährte bis zu 70.000 Euro wert sind, kommen auch Schaulustige oder junge Familien. Mit Tom (22 Monate) sitzt ein ganz junger Fan hinterm Lenkrad eines alten Deutz-Treckers. Mindestens 30 Jahre alt sollten die Trecker schon sein, um bei den Treffen interessant zu sein.
Teilweise werden die Fahrzeuge noch eingesetzt, etwa bei Schlepparbeiten, wie der Eichner Wotan von Klaus Engels. Baujahr 1971, 100 PS aus sechs Zylindern, die modualartig in Reihe nebeneinander gebaut sind. Der Trecker ist ein Hingucker und „ganz, ganz selten“, weiß Frank Wigger, selbst Trecker-Liebhaber und Besitzer eines alten Unimogs.
100 PS das war vor gut 40 Jahren die Ausnahme. Damit war der Eichner sozusagen der Mercedes unter den Treckern, nichts für Landwirte mit kleinem Hof. Die 100 Pferde waren zudem durstig. Mehr als sieben Liter Hubraum brauchten sie, um ihre Kraft zu entfalten. Trecker mit gleicher Leistung „haben heute vielleicht vier Liter“, sagt Engels.
Gesprächsplattform für alle Schichten
„Der hatte schon die Diebstahlsicherung eingebaut“, scherzt ein Trecker-Fan mit Blick auf das Vorkriegsmodell des Lanz Bulldogs nebenan. „Das Lenkrad war schon abnehmbar. Der Trecker tuckert derweil vor sich hin. „Vor der Garage möchte ich den nicht stehen haben“, meint ein Besucher. „Der ist wie eine Rüttelplatte“, weiß der nächste. Und einmal ausgeschaltet ist es auch schwierig und schon gar nichts für unbedarfte Laien, den Lanz wieder zu starten. Also bleibt der Motor an.
Ein paar Meter weiter, unterm Zeltdach vorm Bahnhof kokelt der Grill. Würstchen, Steaks. Deftiges gibt es draußen. Drinnen, in der Jausenstation, kommen die „Süßen“ auf ihre Kosten – bei Kaffee und Kuchen. Der Treckertreff dient dem Austausch der Liebhaber der alten Schätzchen und ist eine Attraktion im Ort. Er verbindet. „Alle Schichten sind vertreten und kommen hier ins Gespräch“, lobt Frank Wigger den integrativen Ansatz. Er kennt einen 18-jährigen, der gerade seinen ersten Trecker-Oldtimer kauft. Ralf Wintersohl, der aus Gummersbach nach Hützemert getuckert ist – „dreiviertel Stunde“ - , hat als junger Mann seinen ersten Trecker quasi als Gegenleistung für den bau eines Zaunes erstanden, ihn dann restauriert. Sein Sohn (10) ist inzwischen auch vom Trecker-Virus infiziert, würde am liebsten gleich selbst fahren. „Er muss mit den Füßen problemlos an die Pedale kommen. Das muss schon passen. Sicherheit geht vor“, bremst Wintershohl allzu forschen Tatendrang.
Kapitalanlage: Wertsteigerung übertrifft Zinserträge
Der Nachschub an Ersatzteilen ist für die Trecker-Fans kein Problem. Die gibt es fast alle noch. Oder sie werden in speziellen Werkstätten nachgebaut. Problem für die Trecker-Freunde: Geheimtipps gibt es kaum noch. „Durch das Internet ist alles teurer geworden“, weiß Frank Wigger. Selbst Zufallsfunde in alten Scheunen schössen preislich gleich in die Höhe. Somit wird der alte Trecker für manche zur neuen Kapitalanlage. Die Wertsteigerung übertrifft die Zinsen, die Banken locker machen. Aber für die Trecker-Liebhaber ist das eher eine Randerscheinung. Der Wert für sie liegt im Stolz auf das alte Schätzchen, im Stolz auf die eigenen Anstrengungen bei der Instandsetzung – und der Gemeinsamkeit. Man trifft sich, man redet miteinander, trinkt ein Bier zusammen. Vielleicht auch wieder beim nächsten Trecker-Treffen in Hützemert. Andre Grütz hält eine Neuauflage für wahrscheinlich. Der Bedarf scheint gegeben. Trecker-Treffen boomen. Wer googelt, findet mehr als 20.000 Einträge. Mit Hützemert wird diese Liste noch größer – und Hützemert mit den Treckern noch bekannter.
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