Sagen aus dem Sauerland: Die versunkene Glocke von Drolshagen

Schauer-Märchen zu Halloween aus dem Kreis Olpe


 von © SSilver / lia
© © SSilver / lia

Drolshagen. Halloween – einst ein irischer Brauch, längst nach US-amerikanischer Ausprägung auch in Deutschland fest im Terminkalender verankert. In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November sind gruselige Verkleidungen und Partys mit schauriger Atmosphäre angesagt – und natürlich Horrorfilme, von Klassikern wie etwa „Halloween“ über „Scream“ bis hin zum aktuellen Kinoschocker „Es“. Allerdings braucht es gar nicht unbedingt die fiktiven Schauermärchen aus der Ferne, wenn es auch vor der eigenen Haustür unheimliche Mythen gibt. Solche finden sich in dem bereits in den 1930er Jahren erschienenen und 1983 neu aufgelegten Buch „Sagen des Sauerlands“. Sechs davon stellt LokalPlus an Halloween in Auszügen vor. In dieser hier geht es um den Teufel, der voller Wut die Dräulzer Glocke stahl.


„Der Teufel stand einmal auf dem Papenberge bei Drolshagen und sah auf Drolshagen nieder. ,Mein liebes Städtchen´, rief er, ,das du so schmuck und blank zwischen Berg und Tal gelegen bist, wie habe ich dich stets so gerne gehabt. An allen Ecken stand ein Wirtshaus, in dem alles, jung und alt, trank.

Nun sind die Drolshagener mit einemmale fromm geworden: die Gräfin läßt eine Kirche bauen! Leider bin ich es selber schuld; denn jedes Jahr schickte ich euch die Grippe auf den Hals, um meine lieben Saufbrüder in die Hölle zu bekommen. Da bekamen die Leute nun Angst und liefen den Mönchen nach. Und jeder Stein am neuen Klemensturm tut mir unsäglich weh.
Das erste Klingen der Glocke
Doch was sehe ich? Eine Menschenmenge steht vor dem Turm, und gerade zieht man eine neue Glocke herauf! Nein, das darf ich nicht dulden; denn das Glockenläuten kann ich nun ganz und gar nicht vertragen.´

Ein wenig wartete der Teufel noch, da griff der Küster zum Seil der eben befestigten Glocke, und zum Jubel des Volkes erklang sie hell und froh: Bim, bam, bim, bam! Aber zugleich ertönte auch ein Sausen und Brausen in den Lüften, ein Heulen und Pfeifen, als ob der Sturmwind die Bäume des Papenberges entwurzeln wolle.
Turmmauern brechen ein
Der erste Klang hatte das Ohr Luzifers getroffen. Jäh reckte er sich empor, Flammen schossen aus seinen Augen. Dann entfaltete er seine Hedermausflügel, und rasch wie der Blitz stand er auf den Mauern des Turmes, feurig rot in gelbem Schein. Die Männer standen, lahm vor Schreck, die Frauen fielen in Ohnmacht, die Kinder jammerten und weinten. Alles rief: „Herr Teufel, verschone uns!" Der aber trat gegen die Turmmauer, daß sie mit lautem Krache barst, faßte die Glocke und riß die ungeweihte so hart vom Balkengerüst, daß sie in den Klauen des Teufels wehmütig wimmerte. Dann trug er sie über Drolshagen hinweg und versenkte sie im Glockensiepen, der später verschwunden ist.

An den vier Hochzeiten kommt noch der klagende Klang der ungetauften Glocke aus der Tiefe. Der Teufel hat nun auch seine Glocke; und wenn die Gläubigen zu Ostern oder Christtag sich ergötzen wollen am Glockenklang vom Klemensturme, erfreut sich der Böse damit, tief unten im Glockensiepen zu läuten, den Drolshagenern zum Spotte.“
Buchinformationen:
Erscheinungsjahr: 1983

ISBN: 3-922-659-56-X
Artikel teilen: