Gedenkandacht für Nazi-Opfer: „Alle Menschen haben ein Recht zu Leben“
77 Frauen 1943 deportiert
- Drolshagen, 15.04.2025
- Verschiedenes

Drolshagen. Die Erinnerungsinitiative des Heimatvereins Drolshagen hat im Rahmen einer bewegenden Andacht mit Pfarrer Johannes Hammer, Schwestern des Gerhardushauses und Christiane Kapusciok der 77 Frauen gedacht, die 1943 aus Drolshagen deportiert wurden.

Zahlreiche Drolshagener Bürger und Ordensschwestern kamen in die Kapelle des St. Gerhardushauses, um der Frauenschicksale mit Musik, Gebeten und Ansprachen zu gedenken. Ralf Tump-Forsthoff gab einen Einblick in die Euthanasieverbrechen der Nationalsozialisten. Er zitierte aus den Recherchen der Erinnerungsinitiative, die auf der Homepage des Heimatvereins frei zugänglich sind:

„Am 9. April 1943 wurden 77 Menschen in den frühen Morgenstunden aus dem St. Gerhardus-Hospital Drolshagen deportiert. Für viele von ihnen war es ein Weg in den erbarmungslosen Tod. […] Die Schwestern konnten nur wenige Menschen vor dem Abtransport bewahren, indem sie sie als unverzichtbare Arbeitskräfte für den Weiterbetrieb des Krankenhauses „reklamierten“.“

Ralf Tump-Forsthoff wies auf Parallelen zum damaligen Erstarken des Nationalsozialismus hin, die sich bei einigen Parteien in der heutigen politischen Landschaft abzeichnen. Mit Beispielen zeigte er auf, wie Menschen mit Behinderungen aus dem rechtsextremen Spektrum heute erneut als weniger produktiv und wertvoll für die Gesellschaft herabgewürdigt würden. Er rief alle zu verstärktem Einsatz für Demokratie, Freiheit und Menschlichkeit auf.



Die berühmten „Predigten in dunkler Zeit“ des Bischofs August Graf von Galen und Texte aus der Gedenkstätte Hadamar, wo 1941 bis 1945 fast 15.000 kranke Menschen, Zwangsarbeiter und Juden ermordet wurden verlesen. Pfarrer Johannes Hammer führte zudem Gedanken über die wichtige Bedeutung der Erinnerung für den Menschen, die Gesellschaft und als Kompass für das Handeln aus.


Bevor er in Anwesenheit der Besucher die neue Gedenktafel neben der alten Pforte segnete, übernahm die wichtigste Teilnehmerin der Erinnerungsinitiative das Wort. Christiane Kapusciok hat seit ihrer Geburt ein Handicap und ist auf einen Rollstuhl und helfende Hände angewiesen. Sie sprach über ihre Gedanken und Gefühle angesichts der Tatsache, dass das Schicksal der 77 Frauen ihr eigenes gewesen wäre.

Für die Anwesenden hatte sie eine wichtige Botschaft: „Alle Menschen haben ein Recht zu Leben! Aber damit wir uns wertvoll fühlen können, brauchen wir andere Menschen. Menschen, die uns lieben und Menschen, die wir lieben.“
