Die „Sauklaue“ der Bürgermeister war größtes Problem des Historikers

Buch zeichnet „950 Jahre Kirche und Ort Drolshagen“ nach


  • Drolshagen, 16.03.2022
  • Kultur
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950 Jahre Kirche und Ort Drolshagen - Bürgermeister Ulrich Berghof, Kirchenvorstand Martin Lütticke, Pfarrer Johannes Hammer und Autor Dr. Peter Vitt (v. li.) stellten das neue Geschichtsbuch vor. von Rüdiger Kahlke
950 Jahre Kirche und Ort Drolshagen - Bürgermeister Ulrich Berghof, Kirchenvorstand Martin Lütticke, Pfarrer Johannes Hammer und Autor Dr. Peter Vitt (v. li.) stellten das neue Geschichtsbuch vor. © Rüdiger Kahlke

Drolshagen. Rund 700 Seiten Umfang, etwa eineinhalb Kilogramm schwer. Mit dem Buch „950 Jahre Kirche und Ort Drolshagen – Geschichtsepisoden“ hat Autor Dr. Peter Vitt ein gewichtiges Werk zur Drolshagener Geschichte vorgelegt. Zwei Jahre hat der Historiker an dem Buch gearbeitet.


Wichtigster Teil ist die wortgetreue Transkription der Drolshagener Stadtchronik, die Bürgermeister Carl Stachelscheid 1824 begonnen hatte und die auch den großen Stadtbrand 1838 überstanden hat. „Alle Bürgermeister haben das Wichtigste in die Chronik geschrieben. Sie war so wichtig, dass sie immer im Tresor verschlossen war“, so Dr. Vitt.

Mit Stadtarchivarin Annalena Schäfer hat er diese Quelle erschlossen und jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. „Jeder Bürgermeister hatte seine eigene Handschrift“, schildert Vitt das zentrale Problem. Und mancher hatte eine „Sauklaue“, was die Transkription noch schwieriger machte. Zum Vergleich sind Original und „Übersetzung“ auf gegenüberliegenden Seiten abgebildet.

Alte Chroniken und ihre Transkription sind in dem Buch gegenübergestellt. von Rüdiger Kahlke
Alte Chroniken und ihre Transkription sind in dem Buch gegenübergestellt. © Rüdiger Kahlke

Der Historiker wollte keine chronologische Geschichte darlegen, sondern die Zeiten schlaglichtartig in Episoden beleuchten. Die Beschreibung beginnt im Jahre 1072. Vor 950 stiftete Erzbischof Anno II, nicht nur geistliches Oberhaupt, auch „ein Machtpolitiker“ wie Pfarrer Johannes Hammer meint, die Drolshagener Kirche. Seinerzeit tauchte erstmals „Drolshagen“ als Ortsname auf. „Es gibt keine Gründungsurkunde“, so Vitt, der für seine Recherchen auch das Landesarchiv in Münster nutzte. Erwähnung fand die Kirche erstmals 1680 in einem Buch.

Schützen gab es schon 1477

Im 12. Jahrhundert sammelten Mönche Geschichten über Wunder, die der hl. Anno an Drolshagenern bewirkt haben soll. In dem Werk räumt der Historiker auch mit Bewertungen auf, die noch kursieren. So hätten die Schützen nicht ihr 50. sondern bereits ihr 500. Jubiläum feiern können. Denn eine Schützengilde war Voraussetzung für die Stadtgründung, berichtet Vitt. Aufzeichnungen zeigten, „dass mit der Stadtgründung im Jahr 1477 bereits eine Schützengilde bestand, welche die Mauern der Stadt vor Angreifern schützte.

Außerdem wird die Mär widerlegt, dass bei einem Vogelschießen ein Mord geschah und deshalb die Schützenbruderschaft aufgelöst wurde.“ Als wahren Grund ist Vitt auf einen Streit um die Benennung der Gilden gestoßen. Die Stadt beendete den Streit, konfiszierte die Kassen, „legte aber das Geld gut an“. Es sei in Bildung investiert worden.

„Geschichten hervorkramen“

Die Geschichte des Muttergottes-Bildes in der St.-Clemens-Kirche, der Bau des Zisterzienserinnen-Klosters, der Stadtbrand vom Mai 1838, der mit dem Wiederaufbau Drolshagen zu einer modernen preußischen Kommune gemacht hat, alte Chroniken der Bürgermeister, aber auch die Entwicklung der Stadt seit der kommunalen Neugliederung 1969 werfen Schlaglichter auf die Stadtgeschichte.

Bürgermeister Ulrich Berghof hat das Grußwort beigesteuert. Bei Vorstellung des Buches, das noch von Pfarrer Markus Leber mit initiiert worden war, betonte er , dass es wichtig sei, „Menschen zu haben, die immer wieder Geschichten hervorkramen.“ Es sei erstaunlich, wie es gelinge, „immer wieder Dinge lebendig werden zu lassen.“

Erzbischof kommt im Herbst

Johannes Hammer, neuer Pfarrer im Kirchspiel Drolshagen, findet in dem Geschichtsbuch Orientierung, die „hilfreich für die Arbeit vor Ort ist“. Er kündigte an, dass die St.-Clemens-Gemeinde das Jubiläumsjahr ausgiebig feiern werde. Mit einem Besuch des Erzbischofs im Spätherbst soll das Festjahr seinen Abschluss finden.

Infos
  • Das Geschichtsbuch „950 Jahre Kirche und Ort Drolshagen - Geschichtsepisoden“ ist ab sofort im Buchhandel erhältlich. Preis: 24,90 Euro.
  • Angeboten wird es auch in der Sparkasse und der Volksbank sowie nach den Gottesdiensten.
  • Es ist in einer Auflage von 650 Stück gedruckt worden.
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