Aus Zufall wurden mehr als 47 Dienstjahre in der Verwaltung
Burkhard Lütticke blickt zurück
- Drolshagen, 09.12.2021
- Verschiedenes
- Von Rüdiger Kahlke
Drolshagen. Heller Schreibtisch, zwei Bildschirme, ergonomische Tastatur. Einer, der den Wandel vom alten Vollholzschreibtisch und Telefone mit Drehscheibe zum papierlosen Büro miterlebt hat, ist Burkhard Lütticke (62). Am Donnerstag, 9. Dezember, hat der Fachbereichsleiter „Zentrale Dienste“ seinen letzten Arbeitstag im Rathaus. Nach mehr als 47 Jahren in Diensten der Kommune geht es dann in die passive Altersteilzeit und ab Herbst 2023 in Rente.
Sich selbst sieht Lütticke als Teil des „lebenden Inventars der Stadtverwaltung“. Für jüngere Kollegen hat er in einer Abschieds-Mail daran erinnert, wie es zu seinem Dienstbeginn 1974 in den Büros aussah. Die Mitarbeiter saßen auf Küchenstühlen, Drehstühle kamen erst später, anfangs nur unfallträchtige auf vier Füßen. Schriftstücke wurden auf manuellen Schreibmaschinen getippt.
Für das Rathaus gab es gerade mal einen der teuren Nasskopierer. Die Telefone hatten noch Drehscheiben und wurden auf einem scherenartigen Dreharm zum jeweiligen Arbeitsplatz im Büro geschwenkt. Ferngespräche liefen über eine zentrale Vermittlung.
„Ende 1987 gab es im Hauptamt den ersten PC“, erinnert sich der Fachbereichsleiter. Die Kosten: umgerechnet etwa 1800 Euro bei einer 20-MB-Festplatte. „1995 hatte jeder einen PC auf dem Tisch“, schildert er den schnellen Wandel.
Der Zufall hatte 1974 aus dem 15-jährigen Hauptschüler einen Verwaltungs-Fachmann gemacht. Burkhard Lütticke wusste noch nicht, was er machen wollte. Zunächst sollte es das 10. Schuljahr sein, das damals noch fakultativ angeboten wurde. In der 9. Klasse wurde ein Brief verlesen, dass die Kommune zwei Verwaltungs-Lehrlinge einstellen wolle.
Auf den Rat seines Vaters bewarb sich Burkhard Lütticke, ließ die 10. Klasse sausen und machte Karriere im Rathaus. Nach Aus- und Fortbildungen übernahm er die Leitung das Hauptamtes, das heute als Fachbereich „zentrale Dienste“ firmiert und ein breites Spektrum an Aufgaben abdeckt.
Lütticke hat den Wandel zum digitalen Rathaus mit begleitet und auch die erste Homepage der Stadt erstellt. Viele Akten seien nachträglich digitalisiert worden. Nur noch ein Aktenschrank steht im Büro. „Da sieht man, was man alles nicht mehr hat“, sagt Lütticke mit Blick auf das Möbelstück.
Vieles habe die Digitalisierung erleichtert, meint er, „aber die Arbeit ist nicht weniger geworden.“ Man müsse auch die Menschen Blick haben, die keinen Zugriff aufs Internet haben oder die damit überfordert seien. Und so liegen doch noch ein paar Akten auf dem Tisch.
Zu den „Highlights“ zählt der Verwaltungs-Fachmann, dass vieles geschaffen oder bewegt worden sei. Frustrierend seien die Vorgaben durch den Gesetzgeber, die oft kompliziert oder kaum umzusetzen seien.
„Wir werden zugeworfen mit Fördermitteln“, nennt er ein Beispiel, „aber das umzusetzen ist schwierig.“ Einerseits werde auf Fördermittel für Lüftungsgeräte in Schulen verwiesen, aber die Schulen in Drolshagen „fallen nicht unter diese Förderbedingungen. Wir hecheln oft hinterher“, bilanziert Burkhard Lütticke. Dennoch: er hat immer gerne im Rathaus gearbeitet.
Und für die Zeit danach? Auch dann kommt keine Langeweile auf. „Die erste Zeit wird sicher wie Urlaub sein“, glaubt er. Zwei Enkel werden seine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Dann ist da noch das Haus. Seine Frau habe ihm schon nahegelegt, mal wieder zu kochen. Dass er das kann, hat er beim Weihnachtsmenü im vorigen Jahr bewiesen.
Da musste er kurzfristig einspringen. Und wenn die Zeiten wieder besser werden, möchte er mit seiner Frau noch eine Corona-bedingt gecancelte Portugal-Rundreise nachholen. Ein paar Städtetouren und mit dem Mountain-Bike durch die heimischen Gefilde radeln – nichts Spektakuläres.
Jungen Leuten würde Lütticke durchaus zur Ausbildung in der Verwaltung raten, wo man „interessante Aufgaben wahrnehmen kann“. Auch eine kleine Verwaltung sei keine Sackgasse. Einige der Drolshagener Azubis hätten auch in anderen Verwaltungen Karriere gemacht.
Und seine Nachfolgerin kommt auch aus dem eigenen Haus. Seine Stellvertreterin Andrea Gothe wird Burkhard Lüttickes Platz einnehmen. Wenn er als „lebendes Inventar“ weg ist, bleibt noch ein Archivstück aus seiner Anfangszeit. Eine manuelle Briefwage mit emaillierte Skala und zwei Wiegebereichen, die durch ein Gewicht gewählt werden konnten, sind bleibende Erinnerungen – mit eigener Archivnummer Teil des Verwaltungs-Fundus.