Immobilienprojekte NRW

Welche Arten in Zukunft weiterhin von Bedeutung bleiben


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Die Immobilienbranche hat derzeit Probleme. Allerdings sind längst nicht alle Arten von Projekten gleichermaßen betroffen. von stock.adobe.com / vitolef
Die Immobilienbranche hat derzeit Probleme. Allerdings sind längst nicht alle Arten von Projekten gleichermaßen betroffen. © stock.adobe.com / vitolef

2022 wird für die Bau- und Immobilienbranche als ein Jahr der dramatischen Umbrüche in die Geschichte eingehen. Zuvor selbst während der Pandemie als zukunftsträchtig geltende Elemente wurden in kürzester Zeit unrentabel und viele schauen sorgenvoll in die Zukunft. Dabei gibt es einige Arten von Immobilienprojekten, die weiterhin große Bedeutung behalten werden.


Die Pandemie war zwar für die ganze Weltbevölkerung ein Novum. Was jedoch die Bautätigkeit in Nordrhein-Westfalen anbelangt, waren die Auswirkungen praktisch vernachlässigbar, das lässt sich nicht zuletzt durch einen Blick in die offiziellen Landesstatistiken gut erkennen.

Der Boom der präpandemischen Jahre nahm sogar noch weiter Fahrt auf – denn selbst wenn die Kosten weiterhin stiegen, so waren dennoch die Zinsen weiterhin ebenso niedrig wie es die Inflation war.

2022 ist jedoch nicht weniger als eine massive Zäsur. Der russische Angriff auf die Ukraine löste starke und vielfältige Schockwellen aus, von denen auch die Immobilienbranche erfasst wurde:

  • Die Energiekosten stiegen dramatisch an. Ebenso die für zahlreiche am Bau nötige Produkte, für die zuvor Russland oder die Ukraine wichtige Lieferanten der EU waren.
  • Dadurch wurde die höchste Inflationsrate seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs angestoßen. Im Oktober 2022 lag sie in NRW bei unglaublichen 11,0 %. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum 2019 waren es 1,2 %.
  • Zeitgleich begann die Europäische Zentralbank (EZB) als Inflationsbekämpfungsmaßnahme damit, den seit Jahren faktisch bei 0 Prozent liegenden Leitzins anzuheben. Das verteuerte Kredite dramatisch.

Leidtragende waren und sind vor allem Menschen, die sich Immobilienprojekte nur aufgrund der extrem niedrigen Zinsen leisten können. Heute, im November 2022, steckt die Baubranche in einer regelrechten Stornierungswelle – weit über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus.

In Münster etwa wurde das geplante „Stadthaus 4“-Projekt für zwei Jahre pausiert. Die Verlängerung der Düsseldorfer Rheinuferpromenade wurde gestrichen. Köln ist derzeit dabei, seine Großbauprojekte nach Priorität zu katalogisieren – und ungezählte private Bauherrn haben davon Abstand genommen, sich dem Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Die gesamte Baubranche blickt deshalb mit Sorgen in die Zukunft.

Allerdings gibt es auch gute Nachrichten zu vermelden: Bei einigen Arten von Immobilienprojekten ist die Priorität dermaßen hoch, dass selbst extreme Preissteigerungen keinen Aufschub oder gar Canceln zulassen.


Dem demografischen Wandel sind Kostensteigerungen gleich. Der weitere Ausbau von Pflegeimmobilien ist deshalb völlig alternativlos. von stock.adobe.com / DC Studio
Dem demografischen Wandel sind Kostensteigerungen gleich. Der weitere Ausbau von Pflegeimmobilien ist deshalb völlig alternativlos. © stock.adobe.com / DC Studio
Senioren- und Pflegeimmobilien

Die Preise mögen schon hoch sein und noch weiter steigen. Einen Einfluss auf die Demografie in unserem Bundesland wird dies jedoch nicht haben. Aktuell fehlen in NRW zirka 15.000 Pflegeplätze. Bis 2040 wird sich eine Lücke von etwa 1.500 Pflegeheimen auftun.

Auf gut Deutsch heißt das folgendes: Nordrhein-Westfalen kann sich schlicht nicht den Luxus gestatten, aufs Geld zu schauen und beim Ausbau der Plätze für Pflegebedürftige und Senioren darauf zu warten, bis die Preise wieder ein attraktiveres Niveau erreicht haben.

Selbst wenn im Jahresverlauf 2024 die Kosten wieder sinken würden (was aktuell nicht seriös abzusehen ist), bestünde eine untragbare Lücke von über einem Jahr.

Natürlich wird sich an der Herangehensweise an die Projekte etwas ändern:

  • Es muss neu kalkuliert werden,
  • Rentabilitätsberechnungen müssen überarbeitet werden,
  • einige geplante Details werden gestrichen,
  • günstigere Materialien werden genutzt.

Doch was den reinen zahlenmäßigen Ausbau von Pflegeplätzen und Seniorenwohnungen anbelangt, gestattet die hochbrisante Lage keine Atempause. Der demografische Wandel wiegt deutlich schwerer als die hohen Kosten.

In Zukunft werden deshalb Private-Equity- und Private-Debt-Gesellschaften wohl noch stärker eine Rolle spielen. Schon in den zurückliegenden Jahren waren sie äußerst wichtige Geldgeber für solche Projekte.

Das Portfolio etablierter Häuser zeigt dies an der Anzahl von Senioren- und Pflegeimmobilien in unserem Bundesland sehr deutlich.

Denn Banken werden die zusätzlichen Mittel kaum bereitstellen können. Ihnen sind durch sich verschärfende Bankenregularien zum Schutz gegen Zahlungsunfähigkeit die Hände gebunden. Daran hat die derzeitige Lage ebenfalls nichts geändert.

Energetische Sanierung

Im Sommer 2022 war bereits abzusehen, dass der Krieg in der Ukraine nicht schnell beendet sein würde und die Baubranche starken Verteuerungen entgegensah. Ganz ähnlich wie bei den Pflegeimmobilien existiert jedoch ein weiterer Bereich, bei dem Preissteigerungen – selbst der extremen Art – keine Ausrede für weiterhin höchste Priorisierung von Immobilienprojekten sein dürfen.

Folgerichtig beschloss deshalb die Bundesregierung das „Klimaschutz-Sofortprogramm 2022“. Die für das Thema Immobilien wichtigsten Fakten des sehr breit angelegten Programms sind schnell aufgezählt:

Es wird zusätzliche Fördermittel, strengere Vorgaben und konzentriertere Anstrengungen geben. Sowohl für den Neubau als auch ganz speziell die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden. Insbesondere solche Gebäude in öffentlicher Hand haben einen oftmals dramatisch großen Nachholbedarf.

In ähnlicher Weise legte die Landesregierung NRW im September 2022 ein neues Förderprogramm auf. Ab 2023 soll die energetische Sanierung von kommunalen Gebäuden im Land mit rund 200 Millionen Euro weiter unterstützt werden.

All das sind für den Immobiliensektor und die Baubranche ebenfalls gute Nachrichten. Denn der Gebäudebestand ist ebenso gigantisch wie der Nachholbedarf. Selbst, wenn gar nicht mehr neu gebaut würde, könnten die Auftragsbücher vieler Firmen allein mit energetischen Sanierungen sowie den nötigen Vor- und Nacharbeiten über Jahre hinweg gefüllt werden.

Die Lücke bei bezahlbarem urbanen Wohnraum ist riesig. Hier darf es deshalb ebenfalls keine Pausen oder Einbrüche in der Bautätigkeit geben. von stock.adobe.com / Lichtwolke99
Die Lücke bei bezahlbarem urbanen Wohnraum ist riesig. Hier darf es deshalb ebenfalls keine Pausen oder Einbrüche in der Bautätigkeit geben. © stock.adobe.com / Lichtwolke99
Sozialer Wohnungsbau

Natürlich ist der soziale oder wenigstens „bezahlbare“ Wohnungsbau von den Preissteigerungen ebenso betroffen wie von Materialengpässen und dem nach wie vor grassierenden Fachkräftemangel – vor allem bei den Handwerkern.

Doch abermals gilt: Selbst, wenn die Preise noch so hoch sein mögen, so kann weder Nordrhein-Westfalen noch Gesamtdeutschland es sich leisten, beim Ausbau zu pausieren oder sogar nur langsamer zu werden.

Allein in Bochum fehlen etwa 25.000 Wohnungen mit Geringverdiener-verträglichen Mieten. In Düsseldorf sollen es sogar doppelt so viele sein – in keiner anderen großen und kleinen Stadt im ganzen Bundesland sieht es anders aus.

Weiter müssen Geflüchtete, ausländische Fachkräfte und ähnliche Menschen einbezogen werden. Sie benötigen ebenfalls eine langfristig sichere, bezahlbare Wohnungsperspektive.

Das alles macht sowohl öffentlichen als auch privaten Bauprojektierern Druck: Es muss weitergebaut werden, eigentlich sogar in noch stärkerem Maß als bislang. Denn neben den direkten gesellschaftlichen Auswirkungen von mehr Wohnraum müssen die fatalen Folgen einer möglicherweise eintretenden Unterversorgung der Baubranche betrachtet werden.

Viele Firmen haben sich auf derartige Großprojekte spezialisiert. Würde nun dieser Wohnungsbau stark reduziert oder gar gestrichen, würden in vielen Regionen des Bundeslandes die Arbeitslosenzahlen ansteigen – und damit mittelfristig die soziale Wohnungsnot auf Umwegen weiter befeuert.

Quellenangaben / weiterführende Informationen:


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