„Wertschätzung macht diesen Beruf einzigartig“

Jacqueline Hoffmann ist Hebamme mit Leib und Seele – und damit Ansprechpartnerin und helfende Hand


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Jacqueline Hoffmann. von s: Ina Hoffmann
Jacqueline Hoffmann. © s: Ina Hoffmann

Die 23-jährige Jacqueline Hoffmann aus Attendorn betreut in ihrer Hebammen-Praxis Schwangere und Neugeborene aus dem Kreis Olpe und dem Märkischen Kreis. Knapp 50 Babys hat sie seitdem auf die Welt geholfen, macht ihren Beruf mit Leidenschaft und ist Ansprechpartnerin für werdende Eltern. Seit einiger Zeit ist sie selbstständig, bietet Vorbereitungs- und Rückbildungskurse für Schwangere an. Als helfende Hand bei der Geburt selbst allerdings ist sie seit Monaten unfreiwillig verhindert.


Jacqueline Hoffmann war schon früh klar, dass sie einen medizinischen Beruf ergreifen möchte. Sie absolvierte mit 18 Jahren ein freiwilliges Praktikum in der Attendorner Helios Klinik, um sich über ihren genauen Berufswunsch klar zu werden. Dabei erlebte sie die ersten Geburten mit. „Da wusste ich plötzlich, dass Hebamme der perfekte Beruf für mich ist“, erinnert sich die 23-jährige. So durchlief sie nach dem Abitur ihre dreijährige Ausbildung an der Hebammenschule in Paderborn. „Während meiner Ausbildung habe ich sehr viel von erfahrenen Hebammen gelernt und etwa 50 Kindern auf die Welt geholfen. Das ist ein tolles Gefühl, wenn man den Frauen zur Seite steht und schließlich einen neuen kleinen Menschen begrüßen kann“.
Stolperstein Berufshaftpflichtversicherung
Seit dem Ende ihrer Ausbildung im Jahr 2014 hat Jacqueline Hoffmann diesen Moment allerdings nicht mehr erlebt. Da sie als selbstständige Hebamme arbeitet, ist es ihr derzeit nicht möglich, Geburten in Krankenhäusern zu begleiten. „Durch die hohe Berufshaftpflichtversicherung für freiberufliche Geburtshilfe ist es sehr schwierig für selbstständige Hebammen geworden, die Geburten begleiten zu können. Die Versicherung kostet einen hohen vierstelligen Betrag. Um diesen aufzubringen, müsste ich viele Geburten begleiten, was viel Arbeit und natürlich immens viel Verantwortung mit sich bringt. Man möchte ja jeder Schwangeren die Zeit und Aufmerksamkeit zukommen lassen, die nötig ist, um eine Geburt durchzustehen“, so die Attendornerin.
„Dazu kommt erschwerend, dass kaum eine Versicherung bereit ist, eine selbstständige Hebamme zu versichern, da die Schadenszahlungen bei eventuellen Schäden durch die Geburt von der Versicherung bezahlt werden müssen – und diese Beträge gehen bis in Millionenhöhe.“ Trotz der Hindernisse durch die hohe Haftpflichtversicherung würde Jacqueline Hoffmann gerne wieder Gebärende betreuen: „Ich würde gerne als freiberufliche Geburtshilfe arbeiten. Es bringt den Frauen viel, sich während der Geburt auf jemanden verlassen zu können, den sie bereits im Schwangerschaftsverlauf kennengelernt haben und dem sie vertrauen“.
Berufsstart: Selbstständigkeit
Nach dem Ende ihrer Ausbildung im Jahr 2014 entschied sich Jacqueline Hoffmann für die Selbstständigkeit. „Natürlich ist es eine große Sache, sich selbstständig zu machen. Aber es ist für mich auch ein großer Vorteil. Ich kann meine Termine und Urlaub eigenständig planen, sodass ich meinen Tag optimal organisieren kann. Ich kann selbst auswählen, wie viele Schwangere ich betreue und welche Kurse ich anbieten möchte“. Da der Raum Attendorn zu dem Zeitpunkt sehr gut durch Geburtshelfer abgedeckt war, erhielt sie den Tipp, sich nach Plettenberg zu wenden, da dort nur zwei Hebammen für alle Schwangeren zuständig waren. So arbeitete sie zunächst gemeinsam mit zwei Hebammen in einer Praxis in der Kersmecke, bevor sie im August letzten Jahres gemeinsam mit ihrer Kollegin Birgit Grüter eine eigene Hebammenpraxis in der Innenstadt Plettenbergs eröffnete. Hier betreut sie auch zahlreiche Schwangere aus dem Raum Finnentrop, Attendorn und Lennestadt.
Weiterbildung durch Studium der Hebammenkunde
Neben dem Beruf absolviert Jacqueline Hoffmann den Bachelor-Studiengang „Hebammenkunde“ an der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen in Köln. Zwei Mal wöchentlich nimmt sie dazu an Seminaren teil. „Dort lerne ich neue Perspektiven der Hebammenkunde kennen. Wir lernen die wissenschaftliche Herangehensweise zur Auswertung von Studien, um diese hinterfragen und selbst auswerten zu können. Zudem werden professionelle Organisation, Schwangerenbetreuung, Rechtsgrundlagen und viele weitere Bereiche vertieft“, erklärt die Hebamme.
Kursprogramm für Schwangere, Mütter und Säuglinge
In ihrer Praxis bietet sie mit ihrer Kollegin Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse an, um die Schwangeren optimal auf die Geburt vorzubereiten beziehungsweise den Körper danach wieder in Schwung zu bringen und die natürlichen Rückbildungsprozesse der Muskulatur zu unterstützen. „Zudem finden die Schwangeren bei diesen Kursen natürlich andere Frauen, die zurzeit dieselbe Vorfreude empfinden oder ähnliche Fragen, Ängste, Probleme haben. Hier können sie sich austauschen und manchmal sogar Freundschaften schließen“, weiß die 23-jährige. Neben diesen Kursen bieten die beiden Hebammen auch Kurse zur Frühförderung und zur Förderung der Mutter-Kind-Bindung an. So bietet Birgit Grüter für Säuglinge ab der achten Lebenswoche eine Babymassage an. Jacqueline Hoffmann betreut den Frühförderungskurs „Lachen, Lernen, Laufen“, bei dem die Entfaltung der körperlichen, seelischen und geistigen Fähigkeiten der Babys ab dem fünften Lebensmonat durch Bewegungs- und Spielangebote gefördert wird. „Um die Frauen und Kinder in unseren Kursen optimal betreuen zu können, nehmen wir an Fortbildungen teil, um aktuelle Trends kennenzulernen und unsere Kenntnisse zu vertiefen“, so Jacqueline Hoffmann.
Optimale Betreuung bei Hausbesuchen
Doch die Betreuung durch die Hebamme reicht weiter als nur das Kursangebot in den Praxisräumen: „Die Unterstützung der Schwangeren fängt manchmal schon mit einem positiven Schwangerschaftstest an. Während bei einem Gynäkologen nur Vorsorgetermine wahrgenommen werden können, stehen wir den Frauen, sofern dies gewünscht wird, während der ganzen Zeit für Fragen zur Verfügung und helfen, eventuelle Beschwerden zu lindern“, so die Attendornerin. Nach der Geburt steht sie den Müttern mit Rat und Tat zur Seite und nimmt sich bei ihren Hausbesuchen besonders viel Zeit für Mutter und Kind.
„In den ersten Tagen besuche ich die Frauen täglich zu Hause und kontrolliere, ob es Mutter und Kind körperlich und psychisch gut geht. Ich wiege und messe das Baby, helfe beim ersten Baden, zeige den richtigen Umgang mit dem Kind und beantworte Fragen. Die ersten Besuche bei einem Neugeborenen können schonmal anderthalb Stunden dauern. Ich nehme mir immer genügend Zeit, um alle Fragen zu klären“, so die 23-jährige. Da bis zu 30 Neugeborene pro Monat betreut werden, kann ein Arbeitstag mit Hausbesuchen und Kursangebot bis zu zwölf Stunden dauern. „Obwohl es ziemlich anstrengend und manchmal auch nervenaufreibend sein kann, würde ich mich immer wieder für diese Arbeit entscheiden. Männer und Frauen auf dem Weg vom Paar zum Elternsein begleiten und beraten zu dürfen, ist eine Ehre, die nur Wenigen zuteil wird, und die Wertschätzung der Eltern, die uns Hebammen entgegengebracht wird, ist etwas, das diesen Beruf einzigartig macht."
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