Maximum ist bei 840 Personen erreicht

Flüchtlingskrise: Rat zieht Grenze für „menschenwürdige“ Unterbringung


Topnews
 von Symbol Matthias Clever
© Symbol Matthias Clever

Bei 840 Flüchtlingen ist Schluss: Auf diese Zahl haben sich die Ratsmitglieder in einer Sondersitzung geeinigt. Die Unterbringung von 840 Personen stelle das Maximum der „sozial- und gesellschaftsverträglichen Kapazitäten“ in der Hansestadt dar. Die Verwaltung hat die getroffenen Entscheidungen und die aktuelle Situation der Hansestadt in einer Pressemitteilung zusammengefasst.


Zusätzlich zu den rund 590 Unterbringungsmöglichkeiten bis Ende März sollen bis Juli nochmals knapp 250 Belegungsmöglichkeiten geschaffen werden. Damit könnte die Hansestadt 840 Flüchtlinge in Attendorn aufnehmen, „menschwürdig unterbringen“ und „dauerhaft in die städtischen Gesellschaftsstrukturen einbinden“, heißt es in dem Schreiben. Damit sei die Grenze aber erreicht und der Bund gefordert: „Weitere Flüchtlinge können aufgenommen werden, wenn durch einen zügigeren Abschluss der Asylverfahren Unterbringungskapazitäten frei werden“, heißt es in der Mitteilung, in der folgende Beschlüsse (im Wortlaut) aufgelistet sind: • „Die Stadtverordnetenversammlung der Hansestadt Attendorn nimmt zur Kenntnis, dass es keine gesicherten Erkenntnisse darüber gibt, wie sich die Flüchtlingszuweisungen im Jahr 2016 entwickeln werden und dass bei Anhalten der derzeitigen Zuweisungsgeschwindigkeit von durchschnittlich 25 Personen pro Woche die geschaffenen Unterbringungsmöglichkeiten spätestens im März 2016 erschöpft sind. • Es können bis Ende Juli 2016 nur noch sozialverträgliche Unterbringungsmöglichkeiten für maximal 250 Flüchtlinge geschaffen werden. Der Bürgermeister wird beauftragt, durch Anmietung oder den Ankauf privater Gebäude, die Errichtung von Massivgebäuden oder im Notfall durch die Aufstellung weiterer Container zu versuchen, diese Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dabei sollen Gespräche mit der Wohnungsgenossenschaft im Kreis Olpe, Südsauerland eG, geführt werden, um zusammen mit diesen Bauprojekten in Attendorn für die kommenden Jahre ,auf den Weg zu bringen´. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob die Finanzierung dieser Maßnahmen durch Förderprogramme, die das Land NRW und der Bund derzeit auflegen oder aufgelegt haben, unterstützt werden kann. Ferner soll bis zum Sommer 2016 konzeptionell mit Unterstützung eines externen Dienstleisters auf Basis des Leerstandkatasters und weiterer noch zu ermittelnder Parameter eine Wohnraumbedarfsprognose für die Hansestadt Attendorn erarbeitet werden. Zudem sollen bis Sommer 2016 konzeptionell neue Wohnformen erarbeitet werden, insbesondere zur Begegnung besonderer Bedarfe (Kleinwohnungen mit diversen Serviceleistungen) vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der Anforderungen der heimischen Industrie. • Die Stadtverordnetenversammlung der Hansestadt Attendorn beauftragt den Bürgermeister, gegenüber dem Bund, dem Land und den sonstigen Aufsichtsbehörden auf die begrenzten Kapazitäten in Attendorn von max. 840 Personen hinzuweisen und daher eine dauerhafte und nachhaltige Reduzierung der Flüchtlingszahlen einzufordern.“ Weiter heißt es in der Pressemitteilung: „So zeichnet sich in Attendorn ab, dass sich die Flüchtlingszuweisungen trotz der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen in einer Größenordnung von rund 25 Flüchtlingen je Woche ungebremst fortsetzen. Hinzukommen noch hohe temporäre Zusatzzuweisungen aufgrund der Aufgabe der Rundturnhalle als Notunterkunft des Landes. Dies bedeutet, dass die Hansestadt Attendorn immer schneller weitere Unterkünfte in großer Anzahl schaffen muss.
Wohnungsmarkt beinahe leergefegt
Völlig unabhängig von der Finanzierbarkeit dieser Maßnahmen wurde im Rat diskutiert, wie es gelingen soll, diesen Wettlauf zwischen Flüchtlingszuweisungen und Schaffung von immer neuen Unterbringungsmöglichkeiten überhaupt noch zu gewinnen. Dabei wurde deutlich, dass der heimische Wohnungsmarkt kaum noch Unterbringungsmöglichkeiten bietet und es aufgrund der örtlichen Gegebenheiten immer schwieriger wird, noch geeignete Standorte für gesellschaftspolitisch verträgliche Unterkünfte zu finden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Hansestadt Attendorn den vielen Flüchtlingen keine nachhaltigen Integrationsperspektiven bieten kann, solange immer neue Zuweisungen erfolgen.
Integration gefährdet
Die bereits eingetretene Folge ist, dass enttäuschte Flüchtlinge in qualitativ immer schlechteren Wohnräumen untergebracht werden müssen, während die Akzeptanz für die Aufnahme von Flüchtlingen bei den Bürgerinnen und Bürgern, die letztlich die Integrationsarbeit zu leisten haben, stetig abnimmt. Bei einer weiter steigenden Zahl von Asylbewerbern müssen immer höhere Qualitätseinbußen bei Unterbringung und Betreuung hingenommen werden. Die Belegung von Sporthallen für Zwecke der dauerhaften Flüchtlingsunterbringung wird aufgrund ihrer mangelnden Sozialverträglichkeit für nicht vertretbar gehalten. Rat und Verwaltung sehen sich aufgrund dieser Alarmsignale in der besonderen Verantwortung gegenüber allen Beteiligten, den entstandenen Teufelskreislauf zu durchbrechen und damit die sich deutlich abzeichnende Spaltung der gesellschaftlichen Strukturen in der Hansestadt Attendorn zu verhindern. Eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen wird auch im Hinblick auf die Integrationsbemühungen um die bisher angekommenen Flüchtlinge befürwortet. Die Wichtigkeit einer Fortsetzung der bisherigen dezentralen Unterbringung sowie sprachlicher, beruflicher und sozialer Integrationsangebote wurden in der Sitzung betont, gleichzeitig aber auch eine Gefährdung der bisherigen Bemühungen durch ständig steigende Fallzahlen.“ (LP)
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