Lydia Benecke: „Statistisch ist etwa ein Prozent der Bevölkerung psychopathisch"
Kriminalpsychologin referiert in Attendorn
- Attendorn, 07.05.2018
- Von Ina Hoffmann

Attendorn. In ihrem Vortrag „Die Psychologie des Bösen. Was sind und tun eigentlich Psychopathen?“ hat Kriminalpsychologin Lydia Benecke am Sonntag, 6. Mai, die Besucher in der Attendorner Stadthalle auf eine spannende und erschreckende Reise in die Gedanken- und Gefühlswelt von Psychopathen mitgenommen. Mit jeder Menge Fakten und einer Prise schwarzem Humor erklärte die Expertin, dass zwar rein statistisch drei Psychopathen unter den Zuschauern seien, man aber trotzdem keine Angst vor seinem Sitznachbar haben musste.

Heute ist Lydia Benecke selbstständige Kriminalpsychologin mit Arbeitsschwerpunkt im Bereich der Gewalt- und Sexualstraftaten. Sie ist als Beraterin und Expertin für verschiedene Medien und Sendeformate tätig. In ihren Büchern „Auf dünnem Eis. Die Psychologie des Bösen“, „Sadisten. Tödliche Liebe – Geschichten aus dem wahren Leben“ und „Psychopatinnen – die weibliche Psychologie des Bösen“ beleuchtet sie für ihre Leser die Gedanken von Verbrechern.

Zudem ist sie seit fünf Jahren in der ambulanten Sexualstraftätertherapie tätig und betreut dort unter anderem verurteilte Sexualmörder. „Ich werde oft gefragt, ob ich bei meiner Arbeit keine Angst habe. Immerhin bin ich ja eine Frau, die mit verurteilten Verbrechern arbeitet. Aber rein statistisch gesehen ist es sehr unwahrscheinlich, dass mir dabei etwas passiert. Und da ich ein Fan von Statistiken bin, gibt mir das Sicherheit. Das Gefährlichste, was dabei bisher passiert ist, war, dass ein heruntergefallener Gefängniszaun mein Auto demoliert hat“, so Benecke.

Ziel ihres Vortrags war es, die Grundlagen der Psychopathie zu vermitteln und mit Vorteilen aufzuräumen. „Längst nicht alle Psychopathen töten Menschen, und sie sind auch nicht alle hochintelligent, wie es in Filmen und Serien meist vermittelt wird. Das wird genauso überspitzt dargestellt wie vieles andere in Filmen“, erklärte die Kriminalpsychologin.

So seien Psychopathen beispielsweise angstfrei, hätten keine Angst vor den Folgen ihrer Handlungen und sehnten sich nach Aufregung. „Aber nur weil jemand angstfrei ist, muss er kein Psychopath werden. Die Gewissenhaftigkeit entscheidet, ob man diese Eigenschaft für sich sinnvoll nutzt, indem man beispielsweise Stuntman wird wie die Jungs von ,Jackass´(US-TV-Serie und-Filme über Stunts und Mutproben; Anm. d. Red.) “, erklärte Benecke.
„Aber machen Sie sich bitte keine Sorgen, dass rüpelhafte oder aufsässige Jugendliche alle Psychopathen werden würden. Bei den allermeisten verwächst sich antisoziales Verhalten mit der Zeit“, so Benecke. Erst wenn viele Merkmalspunkte über einen langen Zeitraum stark ausgeprägt sind, könne man von einem Psychopathen sprechen.
„Wenn Sie sich jetzt fragen, wieso nicht alle Menschen mit einer schlechten Kindheit Psychopathen werden, kann man das mit dem Rauchen erklären: Rauchen schadet erwiesenermaßen der Gesundheit. Aber es gibt auch die Tante, die ihr Leben lang starke Raucherin war und 90 Jahre alt geworden ist“, erläuterte Benecke.
„Statistisch ist etwa ein Prozent der Bevölkerung psychopathisch - und damit drei Anwesende hier heute Abend. Trotzdem müssen Sie keine Angst haben, gleich im Vorraum dahingemeuchelt zu werden, denn längst nicht alle Psychopathen werden straffällig“, erklärte die Kölnerin.
