Fehlbeträge für die nächsten vier Jahre erwartet

Kämmerer und Bürgermeister fordern Finanzpolitik mit Augenmaß


  • Attendorn, 05.11.2015
  • Von Barbara Sander-Graetz
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    Barbara Sander-Graetz

    Redaktion

 von Sven Prillwitz
© Sven Prillwitz

Die Stadt Attendorn ist durch positive Jahresergebnisse der Vergangenheit gut aufgestellt – dank einer soliden Finanzpolitik und eines sehr hohen Gewerbesteueraufkommens. „Ein besonderer Dank geht daher an die familiengeführten Unternehmen der Stadt“, sagte Bürgermister Christian Pospischil bei der Ratssitzung am Mittwoch, in deren Mittelpunkt das Thema Finanzen und der Haushaltsplan für 2016 standen.


Aber: Wer viel einnimmt, muss auch viel bezahlen. „Aus der guten Steuereinnahmen resultieren allerdings erhebliche Kreisumlage- und Abundanzumlage-Verpflichtungen, die zeitversetzt den städtischen Haushalt stark belasten und den finanzpolitischen Spielraum einschränken“, dämpfte Kämmerer Klaus Hesener mögliche Euphorie. „Die vorgenannte hohe Umlagebelastung ist auch der wesentliche Grund dafür, dass der Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2016 einen erheblichen Fehlbetrag ausweist und auch die mittelfristige Planung für die Jahre 2017 bis 2019 Defizite dokumentiert.“ Erschwerend komme eine unsichere wirtschaftliche Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf die Gewerbesteuer hinzu. Auch die „explodierenden“ Kosten der Flüchtlingskrise und weiter steigende Sozial- und Personalkosten durch Standarderhöhungen bei der Aufgabenerfüllung zählte Hesener auf.
Künftige Investitionen eine Herausforderung
Und nicht zuletzt die hohen Investitionsauszahlungen, die die Hansestadt vor allem für die Umsetzung des Innenstadtentwicklungskonzeptes und der Realisierung des Feuerschutzkonzeptes 2020 zu leisten hat. „In den Folgejahren kommen voraussichtlich noch erhebliche Auszahlungen für die endgültige Erschließung des Gewerbegebietes Fernholte-Eckenbachtal hinzu. Diese Fakten werden die künftigen Haushalte der Hansestadt Attendorn erheblich herausfordern“, so der Kämmerer. Daher appellierten er und Bürgermeister Pospischil an die Ratsmitglieder, den notwendigerweise eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung konsequent fortzusetzen, um die Finanzhoheit und damit die Handlungsfähigkeit der Hansestadt Attendorn auch für die Zukunft sicherzustellen. Gleichzeitig sei es sinnvoll, im Sinne künftiger Generationen gut dosierte und durch Nachhaltigkeit geprägte Investitionen zu tätigen. Der für das Jahr 2016 erwartete Fehlbetrag in der Ergebnisplanung kann durch Einsatz der sogenannten Ausgleichsrücklage zumindest fiktiv ausgeglichen werden.
Die Zahlen
• Im Ergebnisplan werden im nächsten Jahr Gesamterträge von rund 69 Millionen Euro erwartet. Demgegenüber stehen Gesamtaufwendungen von rund 75,3 Millionen, was zu einem negativen Jahresergebnis von rund 6,3 Millionen führt. • Trotzdem bleiben die Gebührensätze beim Abwasser und beim Friedhof stabil. Die Abfallgebühren sinken sogar um bis zu zehn Prozent. • Die Steuerhebesätze bleiben gleich niedrig. Der Hebesatz bei der Grundsteuer A bleibt bei 170 %, bei der Grundsteuer B bei 315%. Auch die Gewerbesteuer bleibt bei einem Hebesatz von 395 %. Dadurch kommen über 43 Prozent der Erträge in das Stadtsäckchen. Im kommenden Jahr rechnet man allein mit 30 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen. • Die Steuerhebesätze liegen weit unter dem Landesdurchschnitt. Würde Attendorn den landesdurchschnittlichen Wert ansetzen, würde das Mehreinnahmen von 2,7 Millionen Euro bedeuten. • Bei den Ausgaben sind 39,7 Millionen Euro für Transferleistungen eingeplant. Allein 28 Millionen gehen in die Kreisumlage. „Das ist ein historisches Hoch“, so Hesener. Die gesamte Kreisumlage umfasst im kommenden Jahr 99,9 Millionen Euro. 2,3 Millionen beträgt in die Abundanzzulage, die „auf bis zu 5,8 Millionen erhöht werden kann, wenn andere Kommunen nicht mehr zahlen können“, so Hesener. • Des Weiteren sind 5,2 Millionen Euro für die Gewerbesteuerumlage eingeplant; 2,5 Millionen Euro entfallen auf die Hilfe für den Asylbewerberleistungsbereich. Hier rechnet man allerdings auch mit einer Bundes- und Landeserstattung in Höhe von 2,1 Millionen. • Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen sind mit 14,9 Millionen Euro veranschlagt. Dazu gehören auch Abwasser und Abfallgebühren, Bewirtschaftungskosten für städtische Immobilien und Schulen. Die Personalkosten schlagen mit 11 Millionen zu Buche. • Bei der Analyse des Finanzplans 2016 stehen 71,6 Millionen Euro Gesamteinzahlungen letztlich Auszahlungen in Höhe von 85,5 Millionen entgegen. Das führt zu einer fehlenden Liquidität von 13,9 Millionen Euro. • „Die extrem hohe Umlagebelastung und erhebliche Investitionen schränken die Haushaltspielräume extrem ein“, fasste Klaus Hesener zusammen, „Der Ergebnis- und Finanzplan weisen daher hohe Defizite aus. Der Ergebnisplan kann durch Ausgleichsrücklagen und der Finanzplan durch Liquiditätsreserven und Kreditaufnahme ausgeglichen werden. Daher gilt für die Zukunft: Wir müssen sparsam wirtschaften und zielgerichtet in die Zukunft investieren.“ (bsg)
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