Aus für Collegium Bernardinum sorgt bei Betroffenen für Unmut

Wie das Erzbistum Paderborn die Hiobsbotschaft verkündete


Topnews
Der Gesamtbetrieb des Erzbischöflichen Internats Collegium Bernardinum in Attendorn soll zum Ende des Schuljahrs 2022/23 aufgegeben werden. von privat
Der Gesamtbetrieb des Erzbischöflichen Internats Collegium Bernardinum in Attendorn soll zum Ende des Schuljahrs 2022/23 aufgegeben werden. © privat

Attendorn. Aus den Medien erfahren zu müssen, dass das Attendorner Tagesinternat Collegium Bernardinum zum Ablauf des Schuljahres 2022/23 geschlossen wird - so ist es zahlreichen Angestellten, Eltern und Kindern ergangen. Sie sind von der Entscheidung des Erzbistums Paderborn, dem Träger des Internats, enttäuscht. Mehr noch: Sie fühlen sich hintergangen. 35 Mitarbeiter werden sich zukünftig eine neue Stelle suchen müssen. Auch Bürgermeister Christian Pospischil nahm gegenüber LokalPlus Stellung zu der Schließung.


Die Vorgeschichte: In einer Pressemitteilung des Erzbistums Paderborn, die unsere Redaktion am Mittwoch, 9. Februar, erreichte, heißt es: „Um den Schulstandort Attendorn zu stärken, investiert das Erzbistum Paderborn 15 Millionen Euro in die St.-Ursula-Schulen mit Gymnasium und Realschule. Dafür muss es den Gesamtbetrieb des Erzbischöflichen Internats Collegium Bernardinum aufgeben.“

Annette Hermes, kommissarische Leiterin des Collegium Bernardinum, ist von dem baldigen Aus enttäuscht. 35 Mitarbeiter seien von der Schließung betroffen. Auch die Art und Weise, wie das Erzbistum mit ihr und den anderen Mitarbeitern umgegangen sei, macht Hermes sprachlos: „Kirche darf so mit Menschen nicht umgehen.“

Unter falschem Vorwand nach Paderborn einbestellt

Aber der Reihe nach: Im Dezember wurde Annette Hermes (bisher Vertretung von Präses Michael Lütkevedder) von Monsignore Joachim Goebel (Erzbistum Paderborn) kontaktiert und gefragt, ob sie die kommissarische Leitung übernehme. Hierzu sollten noch einige offene Fragen geklärt werden. Ein Treffen wurde für Montag, 7. Februar, terminiert.

An diesem Termin, der in Paderborn stattfand, wurde Hermes dann aber nicht über ihren neuen Aufgabenbereich informiert, sondern mit der Schließung des gesamten Standortes Collegium Bernardinum konfrontiert.

Hiobsbotschaft persönlich überbracht

Hermes habe daraufhin gefordert, dass dies den Mitarbeitern und Eltern vom Träger persönlich mitgeteilt werde. Am Mittwoch, 9. Februar, seien dann Joachim Goebel und Frank Rosenberger – beide vom Erzbistum Paderborn - nach Attendorn gereist, um die Mitarbeiter persönlich zu informieren. Noch während die Mitarbeiter informiert wurden, sei bereits Pressemeldungen zur Schließung veröffentlicht worden. Eltern und Kinder hätten über die Schließung somit zuerst aus den Medien erfahren. Erst am Freitag, 11. Februar, seien die Eltern postalisch vom Erzbistum informiert worden.

Domprobst Monsignore Joachim Göbel (links) und Frank Rosenberger, Bereichsleiter Personal und Verwaltung, kamen persönlich von Paderborn nach Attendorn, um die Schließung des Collegium Bernardinum mitzuteilen. von Erzbistum Paderborn
Domprobst Monsignore Joachim Göbel (links) und Frank Rosenberger, Bereichsleiter Personal und Verwaltung, kamen persönlich von Paderborn nach Attendorn, um die Schließung des Collegium Bernardinum mitzuteilen. © Erzbistum Paderborn

Die Reaktionen vor Ort waren ganz unterschiedlicher Natur. Es sei alles dabei gewesen: Erstaunen, Wut, Sprachlosigkeit. Annette Hermes erzählt, dass Präses Michael Lütkevedder aus allen Wolken gefallen sei. Eine Mitarbeiterin habe den beiden Kirchenleuten voller Wut entgegnet: „Die Kirche stirbt wegen Leuten wie Ihnen.“

Nachdem Goebel und Rosenberger die Schließung zunächst den Mitarbeitern mitgeteilt hatten, wurden wenig später Dechant Andreas Neuser sowie Bürgermeister Christian Pospischil vor Ort in Kenntnis gesetzt.

„Wie geht es mit meinem Kind weiter?“

LokalPlus hat bei Christian Pospischil nachgefragt, wie er die Situation sehe. Der Bürgermeister: „Ich bedauere sehr, dass eine so traditionsreiche Einrichtung schließt.“ Das Collegium biete ein besonderes Tagesangebot an, die Nachfrage sei groß gewesen. Viele Eltern hätten nun – auch an ihn persönlich - die Frage gestellt: „Wie geht es mit meinem Kind weiter?“.

Beim Collegium Bernardinum seien die Würfel allerdings gefallen. „Der Träger hat sich entschieden“, so Pospischil. Man werde sich mit allen Beteiligten nun über ein Betreuungsangebot austauschen.

Denn der Bedarf ist definitiv gegeben. Statt 60 Kindern – wie es das Erzbistum verkündet hat – besuchen 75 Kinder das Tagesinternat. Dazu kommen vier Internatsschüler sowie ein jugendlicher Flüchtling. 15 Kinder auf der Warteliste sowie unzählige Anfragen zeigen auf, dass reges Interesse an einem Fortbestehen besteht.

Weiterhin bekoche das Internat täglich die eigenen Schüler und drei weitere Schulen (zwei Schulen den eigenen Reihen und die Cafeteria der St. Ursula Schulen) Auch an vier heimische Kindergärten werde Essen ausgeliefert, sodass insgesamt jeden Tag über 300 Essen pro Tag ausgeliefert werden.

Erzbistum bedauert Schließung

Annette Hermes sieht die Argumentation des Erzbistums, dass lediglich für die Ursula-Schulen Geld da sei, skeptisch. „Der Bau einer Mensa ist schon vor acht Jahren thematisiert worden. Die ist immer noch nicht da.“ Auch die Kinder, die die Ursula-Schulen besuchen, hätten sich gefragt, warum eine neue Turnhalle benötigt werde. „Ich bin mir sicher, dass vom Kuchen für uns auch ein Stück drin gewesen wäre“, so Hermes.

Das Erzbistum Paderborn bedauert die Schließung. In einem Schreiben des Erzbischöflichen Vikariats an die Eltern der Kinder des Tagesinternats, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es: „Wir bedauern die Aufgabe der traditionsreichen Einrichtung sehr, in der, das wissen wir, durch hochengagierte Mitarbeitende für Ihre Kinder sehr viel Gutes geschieht.“

Das Schreiben von Domprobst Monsignore Göbel. von privat
Das Schreiben von Domprobst Monsignore Göbel. © privat

Annette Hermes zieht folgendes Fazit: „Bis zu diesem Vorfall hat sich der Träger immer tragend verhalten und bei Herausforderungen immer den Dialog gesucht.“ Hier habe das Erzbistum jedoch nach Gutsherren-Art agiert. Auch die Aussage des Erzbischofs „Immobilienwerte sollten nie mehr wert als Menschen sein“ sei nunmehr zur Makulatur geworden. Was sich Hermes wünscht: „Einen würdigen Abschluss für alle und für das Collegium Bernardinum.“

Artikel teilen: