Ankommen und angenommen werden: Neuanfang für Marie M.

Förderbereich der Werthmann-Werkstätten


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Marie M. strahlt mit der Sonne um die Wette. Im Außenbereich der Werthmann-Werkstatt Attendorn genießt sie regelmäßige Spazierfahrten und das Miteinander. von privat
Marie M. strahlt mit der Sonne um die Wette. Im Außenbereich der Werthmann-Werkstatt Attendorn genießt sie regelmäßige Spazierfahrten und das Miteinander. © privat

Attendorn. Die Tür geht auf, Musik sorgt für gute Stimmung bei den Beschäftigten im Förderbereich der Werthmann-Werkstätten im Industriegebiet Askay in Attendorn. Der Blick von Marie M. geht sofort zu ihrer Mutter, die auf Stippvisite vorbeischaut, um ein wenig zu berichten – vom Leben mit einer schwerstbehinderten Tochter sowie von der Unterstützung, Betreuung und Förderung, die sie hier in der Werkstatt erfahren.


Dankbar blicken Mutter und Tochter zurück auf die vergangenen vier Jahre, die ihnen gezeigt haben: Bildung, Teilhabe und Förderung sind für alle möglich. Beide leben seit 2018 zusammen in Olpe. Während die Mutter in der Kreisstadt ihrer Berufstätigkeit nachgeht, wird Marie jeden Morgen vom Fahrdienst zu ihrer „Wirkungsstätte“ gebracht und nachmittags wieder nach Hause begleitet.

Eine Lebensoptimistin

Inzwischen ist Marie 22 Jahre alt. Ihre Lebenserwartung, so berichtet die Mutter, sei nicht so hoch gewesen. Marie leidet an unheilbarer Muskeldystrophie, einer Erkrankung, die von fortschreitender Muskelschwäche und Muskelschwund gekennzeichnet ist. Im Alter von sieben Jahren wurden erste Anzeichen ihres Leidens deutlich erkennbar. Seither schreitet die Krankheit unerbittlich fort und schränkt sie zusehends ein.

Doch aufgeben ist für Marie keine Option, sie ist eine Kämpferin und Optimistin. Regelmäßig verrichtet sie im Förderbereich der Werkstatt entsprechend ihren Fähigkeiten kleinere Arbeiten für externe Firmen – sei es Fliegenklatschen oder Dämmschalen bekleben oder Schrauben sortieren. Doch der Weg hierhin war ein steiniger, berichtet Maries Mutter.

In Berlin-Brandenburg aufgewachsen, stießen sie dort 2017 an die Grenzen des Systems. Pflege, Förderung und entsprechende Bildung schienen nicht vereinbar zu sein. Durch mehrere familienentlastende Aufenthalte im Kinderhospiz Balthasar in Olpe wurde die Familie dann auf die Werthmann-Werkstätten aufmerksam.

Gesteigerte Lebensqualität

Ein gelungener Neuanfang für Mutter und Tochter: „Wir haben diesen Schritt nicht bereut. Die Unterstützung, Förderung und Menschlichkeit, die wir hier erfahren, ist ein extremer Zugewinn an Lebensqualität“, betont Maries Mutter mit dankbarem Blick auf ihre Tochter, die gerade im Rolli bei schönstem Herbstwetter das Außengelände erkundet.

Durch das Reinschnuppern in unterschiedliche Bereiche der Werkstatt hat Marie ihren ganz persönlichen Weg eingeschlagen – immer unter Berücksichtigung ihrer fortschreitenden Einschränkungen. Von ihrer Krankheit unterkriegen lässt sie sich nicht. „Sie macht, was eben geht“, berichtet ihre Gruppenleitung Sarah Müller-Bartnik.

Arbeit und Tagesstruktur

Im Förderbereich wird Arbeit möglich gemacht, ergänzt um tagesstrukturierende Angebote. „Unter Beachtung ihres individuellen Entwicklungsstandes werden unsere Beschäftigten an die berufliche Lebenswelt herangeführt“, erzählt Melanie Schiffer, Abteilungsleitung der Werthmann-Werkstatt in Attendorn.

Ein stabiles Bezugspersonensystem sichert zudem die individuelle Betreuung und Unterstützungsleistungen, die bei Marie auch logopädische Einheiten umfassen. Ganz viel Routine erleichtern hier die Beziehungsarbeit und die Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls. Zuhause angekommen teilt Marie mit ihrer Mutter die Erlebnisse ihres Tages auf ihre ganz eigene Weise. Marie ist eine junge, lebensbejahende Frau – alles, außer gewöhnlich.

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