Amprion erläutert Verwendung von Stahlgittermasten erneut

Neue Höchstspannungsleitung


  • Attendorn, 13.09.2018
  • Von Sven Prillwitz
    Profilfoto Sven Prillwitz

    Sven Prillwitz

    Redaktion

Topnews
Vollwandmast (vorne) oder Stahlgittermast? Das ist der wesentliche Streitpunkt bei der Planung der neuen 380-kv-Stromtrasse im Bereich Attendorn. von Amprion
Vollwandmast (vorne) oder Stahlgittermast? Das ist der wesentliche Streitpunkt bei der Planung der neuen 380-kv-Stromtrasse im Bereich Attendorn. © Amprion

Attendorn. Für den Neubau der 380-Kilovolt-Höchstspannungsleitung kommen aus mehreren Gründen lediglich Stahlgittermasten infrage: Amprion hat sein geplantes Vorhaben wenige Tage vor dem Ortstermin in Attendorn noch einmal erläutert und seine Haltung untermauert. Außerdem bekräftigte der Dortmunder Netzbetreiber, sich nicht auf eine öffentliche geführte Diskussion mit dem Bundesverband Kompaktleitungen einlassen zu wollen.


Das Vorhaben
Amprion plant den Neubau einer Höchstspannungsfreileitung, die von Kruckel (Dortmund) nach Betzdorf-Dauersberg (Rheinland-Pfalz) führt. Ein Teil des insgesamt 113 Kilometer langen neuen Trassenverlaufs, der sogenannte Abschnitt B, führt auch durch Attendorn, genauer gesagt: vorbei an den Siedlungsrändern Attendorns und Ennests.

Hier verlaufen aktuell zwei Mastreihen aus Stahlgitter nebeneinander – für eine 110-kv-Leitung der Deutschen Bahn und für eine 220-kv-Leitung Amprions. Leztere soll ausgetauscht werden gegen eine 380-kV-Leitung. Die soll dann mit der 110-kv-Leitung auf einer Mastreihe zusammengelegt werden, für die eine neue Trasse geschaffen werden soll (rot, siehe Skizze). Die beiden derzeit bestehenden Mastreihen (schwarz-weiß) sollen abgebaut werden. Für Attendorn bedeutet das: 23 neue Masten mit dann zwei Stromnetzebetreibern (Amprion und DB) auf einer Mastreihe; 53 derzeit in zwei Reihen verlaufende „alte“ Masten werden abgebaut.
 von Amprion
© Amprion
Nach dem Rückbau der bestehenden Masten werden die neuen deutlich weiter in den Himmel reichen. Zum Vergleich: Die derzeitigen Masten kommen im Durchschnitt auf eine Höhe zwischen 35 und 40 Metern, die geplanten dagegen auf etwa 65 Meter (im Bereich Osterschlah/Ennest rund 60 Meter).
 von Amprion
© Amprion
„Die Stromleitungen hängen durch. Je nach Situation vor Ort, etwa wegen Bergen, Wald oder Gebäuden, müssen Masten dann höher sein“, erklärt Claas Hammes, bei Amprion zuständig für Projektkommunikation.
Die Diskussion: Stahlgitter- oder Kompaktmast
Bürger, Grundstückseigentümer und Politiker wünschen sich für die neue Trasse im Bereich Attendorn Kompaktmasten. Hauptargumente: Diese neue Variante brauche aufgrund des schlanken Designs weniger Platz, biete eine elegantere Optik als die gängigen Stahlgittermasten und garantiere eine geringere elektromagnetische Strahlung. Der Bundesverband Kompaktleitungen unterstützt diese Forderungen.

Amprion aber stellt, wie schon Anfang des Jahres, klar: „Wir müssen Leistung und Sicherheit garantieren. Das können wir zum heutigen Zeitpunkt nur mit den Stahlgittermasten, die im Betrieb erprobt sind“, sagt Hammes. Vollwandmasten hingegen – so bezeichnet Amprion die röhrenförmigen Kompaktmasten – seien in Deutschland noch nicht ausreichend im Systembetrieb getestet worden. Auch nicht auf der Teststrecke zwischen Wesel und Doetinchem (Niederlande), wo das Dortmunder Unternehmen das bundesweit erste Pilotprojekt mit Vollwandmasten steuert.
 von Amprion
© Amprion
„Die einzigen verlässlichen Erkenntnisse, die bislang vorliegen, beschränken sich auf Konstruktion und Transport sowie auf Ablauf und den Aufwand, wenn die Masten aufgestellt werden“, erklärt Ulrich Mußmann, Amprion-Projektleiter Planung und Genehmigung. Eine Erkenntnis des Pilotprojekts: Die Trassenbreite für Vollwandmasten falle nicht geringer aus. Und für das angeblich kleinere Fundament müssten stattdessen etwa 50 Prozent mehr Stahl und Beton verwendet werden.

Weitere Erfahrungen laut Amprion: Anlieferung und Aufbau der Vollwandmasten seien schwieriger, weil diese am Stück transportiert werden müssten. Die Gitter-Variante hingegen werde vor Ort aus mehreren Teilen zusammengesetzt. Mit Blick auf die Optik der Vollwandmasten sagte Hammes zudem: „Die dominieren das Landschaftsbild ähnlich wie Windräder.“
Elektrische und magnetische Felder
Die Amprion-Kritiker behaupten, dass die elektromagnetische Strahlung und damit die Belastung für Mensch, Tier und Umwelt, die von Stromleitungen ausgeht, durch Vollwandmasten reduziert werden könne. „Diese Einschätzung teilen wir nicht“, sagt Hammes. Der Unterschied sei nur marginal – und in beiden Fällen deutlich unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts von 100 Mikrotesla (siehe Skizze). Selbst direkt unter der Leitung liege der Strahlenwert bei maximaler Auslastung der Leitung bei rund einem Fünftel des zulässigen Höchstwerts.
 von Amprion
© Amprion
Mit Blick auf den Trassenverlauf und die Diskussion um den Abstand zu den Wohngebieten erklärte Hammes zudem: Bei einem gleichen Abstand der Leitungen zu beiden Arealen von etwa 100 Metern, wie es Amprion plant, liege die Belastung jeweils bei nur rund 2 Mikrotesla (bei maximaler Auslastung, siehe Grafik).
Der Bundesverband Kompaktleitungen
Dass der Dortmunder Netzbetreiber eine Diskussion mit dem Verband ablehnt, sorgt für Unverständnis. Amprion aber bleibt hart. „Wir wollen und werden uns vor Ort nicht auf eine Diskussion mit einer Marketing-Institution über eine nicht erprobte Technik einlassen, hinter der  Unternehmen steckten, die Vollwandmasten auf den Markt bringen will. Das ist nicht zielführend“, sagt Hammes.

Der Bundesverband Kompaktleitungen arbeite lediglich mit theoretischen Erkenntnissen. „Wir aber wollen faktenbasiert und transparent aufklären“, so Hammes. Das habe der Netzbetreiber auch in mehreren Gesprächen mit Bürgern und Politikern von kommunaler bis hin zur Bundesebene erläutert.
Erdkabel
Die Höchstspannungsleitung unterirdisch zu verlegen, ist laut Amprion aus rechtlichen Gründen nicht möglich. „Um die Sicherheit der bundesweiten Stromversorgung zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber entschieden, 380-kv-Wechselstrom-Erdkabel nur auf wenigen, genau definierten Pilotstrecken zu testen“, sagte Hammes. Die Trasse von Kruckel nach Dauersberg gehöre nicht dazu.
Das weitere Vorgehen
Bei dem Vor-Ort-Termin am 17. September in Attendorn (15 Uhr, Vereinshaus SCSW; anschließend Ratssaal) will Amprion sein Vorhaben nochmals erläutern und auch rechtfertigen, betont Hammes. Dann sollen zeitnah die Planfeststellungsunterlagen bei der Bezirksregierung in Arnsberg eingereicht werden, die dann als verfahrensführende Behörde zuständig ist – und auch Einwendungen gegen das Vorhaben entgegennimmt.
Aufgaben der neuen Höchstspannungsleitung
  • Einbindung erneuerbarer Energien
  • Transport von Windenergie aus Norddeutschland in die Bundesgebiete, die von den Kraftwerks abschaltungen betroffen sein werden
  • Versorgung der Region. Ohne dieses Projekt würden Netzengpässe bzw. Netzüberlastungen auf den heute bestehenden Leitungen auftreten
(Quelle: Amprion)
Artikel teilen: